[Karneval] Sankt Corona

Der Karneval zum Thema Seuchen und Krankheiten läuft immer noch, gleichzeitig kämpfen wir auch mit einer Krise: Dem vom Coronavirus ausgelösten Covid-19.

Nun, zufällig gibt es eine katholische Heilige namens Corona, die zudem lokal um St. Corona am Wechsel als Schutzheilige gegen Viehseuchen verehrt wird – und sprang Covid-19 nicht vom Vieh auf den Menschen? Ebenso zufällig sind ihre Gebeine derzeit verplombt und ihr Schrein wegen Renovierungsarbeiten geschlossen.

Hat das irgendwas miteinander zu tun? Nein, natürlich nicht. Aber in einem Fantasysetting, sei es nun Fäntelalter oder Shadowrun, lassen sich diese Zufälle wunderbar zu einem Abenteuer verühren: Die Magie von St Corona hatte einen bösartigen Krankheitsdämon in sich gebannt, doch nun, wo Coronas Totenruhe gestört ist, konnte er fliehen. Es ist an den Helden, den Dämon zu bannen, um endlich die Behandlung der Kranken zu ermöglichen.

Ach so, ganz nebenbei: Corona ist vorrangig die Schutzheilige der Schatzgräber – für Abenteurer vielleicht nicht ganz uninteressant und es entspräche vollkommen ihrem Patronat, wenn sie als Gegenleistung für den Kampf gegen den Krankheitsdämon eine Schatzkarte springen lässt.

[Karneval] Der tanzende Veitz

Im März 2020 veranstaltet Spiele im Kopf den Karneval der Rollenspielblogs zum Thema Seuchen und Krankheiten. Ein hervorragender Moment um auf die Tanzwut hinzuweisen: Eine frühneuzeitliche Krankheit, bei der sich die Menschen zu Tode tanzten.

Die Krankheit hat verschiedene Namen und es gibt keinen klaren Auslöser, sie widerstand allen Heilungsversuchen und endete erst durch ein göttliches Wunder in der Kapelle von St. Veitz (daher auch der Name Veitstanz für die Krankheit). Einen guten Überblick bietet der Artikel A Forgotten Plague im Lancet.

Sie lässt sich hervorragend im Rollenspiel umsetzen, nicht nur, weil sie so schön offensichtlich ist: Schließlich tanzen sich da Leute als Gruppe in aller Öffentlichkeit zu Tode. Höchstwahrscheinlich war sie aber auch keine Krankheit im eigentliche Sinne, weshalb die typische Fantasy-Lösung eines „Krankheit heilen“- oder „Fluch brechen“-Zaubers nicht wirkt. Es könnte nämlich gut eine Kombination einer Vergiftung mit Mutterkorn (und daraus folgenden Halluzinationen), Weltuntergangsfurcht und die Vorstellung, durch einen Tanz könne man die Welt wieder in Einklang mit dem göttlichen Reigen gewesen sein.

Um sie zu beenden, muss man also durch Detektivarbeit aufdecken, welche Faktoren zusammenwirken, um die Krankheit bei den betroffenen Leuten auszulösen und dann Gegenmaßnahmen zu ergreifen – im vorliegenden Beispiel also z.B. ein Walltanz zu einem Schrein und dort eine Halluzination gefolgt von einem Giftheilungszauber.

[Fernsehserie] Locke & Key

Bin über eine bekannte Streamingplattform auf die Serie und den Comic Locke & Key aufmerksam geworden. Die Serie ist nicht nur sehr gut, sondern eignet sich meiner Ansicht nach exzellent als Inspiration für einen Mesodungeon – beherrscht von einer bösen Fee und mit magischen Schlüsseln. Sehr empfehlenswert bisher!

Romane über die Unwirklichkeit der Wirklichkeit

Der Blog DIY & Dragons empfiehlt unter dem Titel Appendix N – Unreal Literature einige Bücher aus dem Bereich Science-Fiction / Horror, in denen es darum geht, wie Erinnerung und Wirklichkeit verwischen – etwa durch Zeitreisen oder Halluzinogene. Es gibt auch einige Vorschläge, wie man die Ideen der Bücher in Rollenspielen umsetzen kann. Von der Beschreibung her eigenen sich alle diese Romane wunderbar als Inspirationsquellen fürs Rollenspiel.

Das Rakelakt aus den Augen des Panthers

Der Rakelakt ist ein uraltes Bild, in das ein Dämon gebannt wurde und auf das sich ein Magier hat malen lassen, um den Dämon im Bild zu versiegeln. Er erhält dadurch besondere Kräfte, im Buch sind das Unsterblichkeit, ein Hypnose-Monokel und die Fähigkeit alles zu sehen, was vor dem Bild passiert. Allerdings wird er nach und nach vom Dämon korrumpiert. Die Versiegeler können nur sterben, wenn ihr Bild abgewischt wird, allerdings bringt das den Dämon näher an die Freiheit. Man kann die Versiegeler in Totenstarre versetzen, wenn man sie übermalt. Man muss also abwägen: Entweder man übermalt den bösen Magier mit dem eigenen Porträt und setzt sich dabei selbst der Korruption aus oder vernichtet den bösen Magier, indem man sein Gemälde wegwischt, löst dabei aber auch das Siegel, das den Dämonen hält.

Das Bild selbst ist zehntausende von Jahren alt, lässt sich nicht zerstören (außer der jeweils obersten Farbschicht) und wurde im Original mit grüner Farbe übermalt in einem Tresor verschlossen und in einem Fundament eingemauert.

Dazu gibt es noch einen Orden, die Ritter des Rakelakts, die böse Magier bekämpfen und nach jedem Sieg einen der Ihren als neues Porträt opfern. Oder auch nicht, es könnte auch einfach ein Vorwand sein, um Nichtsahnende Leute dazu zu bringen, ihnen zu helfen, selbst die Kontrolle über das Gemälde zu erringen. Das wird im Buch nicht ganz klar.

Leute, die mehr von Kunst verstehen als ich, erkennen vermutlich sofort den in Rakel-Technik gemalten Akt hinter dem Namen.

Das Rakelakt stammt aus den Augen des Panthers aus dem Arunya-Verlag, das sich als Horrorgeschichte tarnt, bei der aber leider wenig Horror rüberkommt, dafür umso mehr BDSM-Erotika. Aber selbst falls die BDSM-Erotika super wäre, was ich mangels Ahnung nicht beurteilen kann, taugt der Horrorteil nichts, verkommt teilweise sogar eher unfreiwillig zur Persiflage. Von daher kann ich das Buch nicht empfehlen.

[Rezension] Hammer & Söckchen

Auf Cons kaufe ich gerne ungewöhnliche Romane von Kleinverlagen, einfach um mal zu sehen, was es da so gibt. So bin ich auch zu Hammer & Söckchen gekommen, einem sehr kurzen Roman von Guido Krain, erschienen im Arunya-Verlag. Versprochen wurde mir eine bizarre Geschichte für erwachsene Leser und ich ließ mich im Gegenzug dazu hinreißen, eine Rezension zu versprechen.

Laut Serienbeschreibung erscheinen „In der Reihe DYSTONIA […] freche, zuweilen politisch unkorrekte und böse Geschichten, die manchmal auch ins Unanständige abgleiten. Vor allem aber flott geschriebene und spannende Unterhaltung. [Der Leser wird] vielleicht auch einmal nachdenklich zurückgelassen – auf keinen Fall aber mit schwermütigen Gedanken.“

Flott geschrieben trifft die Sache sehr gut: Sehr schnoddriger Ton, der den gesamten Stil der Geschichte wunderbar trifft. Es wird allerdings nicht sonderlich viel gesprochen. Die Sprache fließt tatsächlich leicht dahin und der Stil wird stringent durchgezogen.

Teilweise fand ich die Geschichte sogar etwas unterhaltsam, aber spannend? Nicht im geringsten. Ich hatte niemals auch nur im geringsten das Gefühl, die Protagonisten könnten scheitern. Es war mehr wie in solchen Actionfilmen, wo man unverwundbaren Helden dabei zuguckt, wie sie Kanonenfutter auf spektakuläre Weise erledigen. Umgekehrt gab es aber auch keine Szenen, durch die ich mich durchquälen musste. Es ließ sich gut weglesen, kurzweilige Kost halt.

Richtig bizarr wird es, wenn es ums Unanständige geht. Tatsächlich enthält die Geschichte reihenweise sinnlose Sexszenen und die Protagonisten handeln größtenteils triebgesteuert. Der Sex ist auch vollkommen dysfunktional, genau wie die Beziehungen der Protagonisten untereinander. Wer sich jetzt denkt, hmm, das erinnert mich an eine gewisse Filmgattung: Stimmt. Es handelt sich bei dem Roman im Grunde um ein Crossover zwischen Actionfilm und Softporno in Romanform. Und ja, es gibt tatsächlich eine Szene, in der die Protagonisten bumsen und dabei gegen ihre Feinde kämpfen.

Wer eine absurde Geschichte für einen Junggesellenabschied, einen achtzehnten Geburtstag oder ein ähnliches Ereignis sucht, ist hiermit verdammt gut bedient. Wer eine spannende Geschichte sucht, bei der man auch zum Nachdenken angeregt wird, sollte aber lieber woanders zugreifen.

[Review] Dragons Conquer America

Dragons Conquer America is an aptronym, as the game dresses its stage with dragon riding Spanish conquistadors in Mesoamerica and the Andes. It is the first game by Spanish publisher Burning Games.

The book is bulky and heavy, more than 400 pages of coated paper. Not as bad as the infamous Hero System, which allegedly stopped bullets, but still beyond what I can comfortably hold and handle during a session. Given the desire for one book games, the publisher probably had little choice but to cram everything in one book – I would have definitely prefered several booklets.

The illustration are in the hyperrealistic fantasy style that is common today. They are well drawn, beautifully colourful and fit the book’s air. They are mostly just pretty though, and not used to illustrate a concept or rule that was described in the text around them. Generally, this is a common problem throughout the book: It looks pretty, but it is not easy to use. Something for the display cabinet, not for the workshop.

This becomes most obvious during the setting description. This dutifully describes the political system of Mesoamerica, the Inca Empire, and Europe with some important sites and political centres. The text does not include maps though, there is just one map at the back of the book. It also seems not properly focussed, the description of Europe gets as much space as the description of the New World – despite the book being centred on the New World. Even worse, the descriptions do not show how affairs in Europe might affect the New World, but just how Europe is set up. The descriptions are rather static as well; they only describe what happened so far, but not what the different entities or individuals aspire to.

The book was definitely not properly edited, probably not edited at all. I do not mind a misspelling or punctuation error now or then, but there are sentences that just stop in the middle and are never finished, or sentences without verbs. There are flavour paragraphs being repeated within two pages, while rules are glossed over. Examples only show when to apply a certain kind of check, but not how to actually resolve it. And, worst of all, the text is long-winded and dull instead of concise and dull.

Dragon Conquers America has its own rule system, with levels, classes, and skills. The rules are not tied to the setting, and could be easily converted into a generic rule set. There are some nifty ideas in the rules, like exhaustion or tyranny disposal.

The basic mechanism is to draw cards from a poker deck, where each type of cards corresponds to one attribute. You play cards from your hand to overcome challenges and can play as many cards for any test as you like to reach the threshold. If you play a card that corresponds to the attribute for the check, you also get a boon. If you play all cards in your hand, you can no longer participate in a given scene (like a fight), because you have been completely exhausted. Tyranny disposal is a small minigame that includes support points, which measure how much support tyrant and rebels have among the populace. Both group and tyrant can spent their support points to hinder their adversary or help their cause.

As I understand it, all classes use magic, in a Gloranthan kind of way. Some of these magic system are somewhat exotic, even though not as exotic as those in REIGN, but most are generic magic systems with a New World wrap. Same is true for plot ideas, most could be used in any fantasy setting and are not specific for Dragons Conquer America (even though I found a list of RPG Plots for Mesoamerica elsewhere).

Conclusion

The game has some good ideas, but the execution is flawed. With a proper editing, it would probably reach a C+, but in its given state, it is more a C−. I would not recommend this game, despite the few alternatives I know.

The rules have some interesting bits, but nothing spectacular. As many players dislike learning new rules, most groups are probably better of with a Meso- or Southamerican setting book for an established ruleset like Maztica / Lopango (AD&D Forgotten Realms), Sons of Azca (BD&D Mystara), Aztecs: Empire Of The Dying Sun (d20), GURPS Aztecs (GURPS 3), Mysteries of Mesoamerica (Call of Cthulhu RPG) or Im Land des Mondjaguars (Midgard – Das Fantasy-Rollenspiel).

If you are willing to learn new rules, I could find suprisingly few alternatives to Dragons Conquer America. Crimson Cutlass (from 1990) is probably difficult to find, which leaves two medieval fantasy games (New Fire: Temikamatl Book of Dreams and Witch Hunter: Aztec Empire) and one contemporary urban fantasy game (Nahual RPG). D.Athair mentioned another medieval fantasy game: Heirs to the Lost World.

[Karneval der Rollenspielblogs]: Fallen in der OSR

Im November 2019 geht es im Karneval der Rollenspielblogs um Fallen. Als großer Fan der OSR mag ich natürlich Fallen – vor allem, wenn sie das Spiel bereichern. Dies funktioniert besonders gut, wenn man sich der Grenzen und Möglichkeiten des Mediums „Rollenspiel“ bewusst ist.

Gut gemachte Fallen können das Spiel bereichern, vor allem, wenn:

a) Das Auslösen der Falle die Situation verändert, mit der die Spieler umgehen müssen. Sie fallen in einen tieferen Bereich des Dungeons, offene Türen schließen sich und geschlossene Türen öffnen sich, Fackeln schlucken Licht anstatt die Umgebung zu erhellen…

Diese Fallen verursachen keinen Schaden, sie erschweren es den Spielern nur, ihr Ziel zu erreichen. Die Änderungen sind vorübergehend oder auf einen bestimmten Bereich beschränkt.

b) die Falle offensichtlich ist, aber es einen guten Grund gibt, sie auszulösen: Ein faustgroßer Rubin in einem See voller Leichen, eine verrußte Wand neben einem ominösen verschlossenem Portal mit Drachenkopfklopfer, eine Leine mit der Aufschrift „Zieh mich!“…

Diese Fallen verursachen Schaden, aber nur, wenn die Spieler ihn riskieren wollen und sich ausreichend darauf vorbereitet fühlen.

Wieder andere Fallen funktionieren nur bei bestimmten Spielstilen. Teleporterfallen waren sowohl in den ersten Computer-Rollenspielen als auch bei D&D äußerst beliebt, weil es in diesen Spielen auch darum ging, Karten anzufertigen, um sich in einer fremden Umgebung zurechtzufinden. Die Teleporter erschwerten dies, indem sie die Situation veränderten. Bei heutigen Spielen geht es hingegen oft um die Geschichte oder die Action, weniger um das Erkunden. Deshalb funktioniert die Teleporterfalle nicht mehr so wie früher, wenn man sie einsetzen will, muss man sie mit anderen Elementen verbinden, die dem eigenen Spielstil entsprechen.

Andere Fallentypen sind zwar beliebt, funktionieren im Rollenspiel aber nicht sonderlich gut. Einige Zeit sehr beliebt waren bewegliche Plattformen und schwingende Pendel, inspiriert von Computerspielen. Nur: Im Computerspiel geht es um Hand-Auge-Koordination und Timing des Spielers, also etwas, was man üben kann. Im Rollenspiel musste in aller Regel bloß mehrfach hintereinander gewürfelt werden, reines Glücksspiel. Bei ausreichend vielen Würfen wird irgendwann einer scheitern.

Das gleiche gilt im Grunde für Fallen, auf die es keine Hinweise gibt. Sehr beliebt sind sie in Truhen und an Türen, manchmal aber auch mitten in Gängen. Immerhin wird hier nur einmal gewürfelt, der Zufallsfaktor pro Begegnung ist daher nicht ganz so schlecht. Beim Computerspiel kann man sich darauf vorbereiten, indem man vor typischen Fallensituationen speichert, aber am Tisch ist das nicht möglich.

Das soll jetzt nicht heißen, dass man sie gar nicht einsetzen darf: Man muss sie nur zu Fallen des Typ b) umbauen. Es muss also deutliche Hinweise auf die Falle geben: Das können die Skelette voriger Opfer sein, aber auch die Spuren vom Auslösen der Falle wie ein Farbhauch, Ruß, Schleifspuren, Erzählungen über den unglaublichen Verschleiß von Putzfrauen beim örtlichen Erz-Meuchelmörder und ähnliche Warnungen oder auch nur plötzliche Veränderungen in der Architektur.

Fallen können Spaß machen, wenn die Spieler sie grundsätzlich erwarten und sich aktiv mit ihnen auseinandersetzen können, anstatt sich aufs Würfelglück verlassen zu müssen.

Die Steinschelle

Die Steinschelle

Zwergische Sagen erzählen von der Steinschelle, einem magischen Bierkrug. Solange wenigstens ein Schluck Bier in ihr schwappt, gewährt sie ihren Segen, doch wer sie vollkommen leert, erleidet ihren Fluch. Ihr Segen besteht darin, dass sie Steinernes belebt – seien es versteinerte Abenteurer oder auch Bildhauereien von Lebewesen. Dazu muss ein Schluck Bier aus der Schelle in den Mund des Versteinerten gegossen werden, wer mit geschlossenem Mund versteinert wurde, hat leider Pech gehabt. Wer sie allerdings vollständig leert, etwas anderes als Bier aus ihr trinkt oder sie auch nur leer in die Hand nimmt, versteinert selbst. Da niemand weiß, wie genau die Schelle aussieht, leeren Zwerge ihre Bierkrüge niemals restlos, sondern lassen immer einen Schluck darin – sicher ist schließlich sicher.

(Ja, ich weiß, das verlinkte Bild zeigt einen Bartmannskrug, aber Steinschelle lässt sich einfacher aussprechen)