Jede Kampagne endet einmal. Leider enden (meiner Erfahrung nach) die meisten Kampagnen nicht mit einem sauberen Abschluss, sondern aus irgendwelchen Gründen außerhalb der Kampagne an sich. Gerade passierte das wieder in einer Kampagne, in der ich mitspielte.
Es war ein, meiner Erfahrung nach, ziemlich typischer Kampagnenverlauf: Es begann als Sandkasten. Mit der Zeit schälten sich Themen heraus, die einige Spieler besonders gerne verfolgen wollten. Andere wollten lieber weiter ungebunden durch die Lande ziehen und Dungeons erkunden. Wieder andere wünschten sich mehr Baroniespiel, mit großen Schlachten und Heeren.
Spieler, die mit Anfänger-Charakteren wunderbar harmonieren, können vollkommen unterschiedliche Vorstellungen vom Spiel mit hochgradig erfahrenen Charakteren haben. Man muss also immer wieder gucken, ob die Vorstellungen noch passen – ein einmaliger Abgleich zu Beginn reicht nicht.
Diese Widersprüche ließen sich nur sehr schwierig unter einen Hut bringen. Dazu kamen Ereignisse außerhalb der Kampagne, die einige Spieler zum Ausstieg zwangen. Der SL tat sein bestes, um die Kampagne am Leben zu erhalten, aber es wurde von Spiel zu Spiel schwieriger. Je stärker die auf die Geschichte bezogenen Spieler auf den Abschluss ihrer Geschichte zuarbeiteten, desto weniger ließen sich die Abstecher in die Dungeons erklären. Der Widerspruch zwischen Baroniespiel-Spieler und Spezialeinsatzkräfte-Spieler wurde beständig virulenter.
So endete die Kampagne quasi in „Sichtweite“ des Finales. Hätte der SL sie noch retten können? Vielleicht, wenn er kurzfristig den Fokus auf die Geschichte gelegt hätte, um sie zum Abschluss zu bringen, und die Gruppe anschließend wieder freiere Hand beim Aufsuchen von Dungeons gehabt hätte. Aber auch das ist nicht sicher.
Vielleicht sollte man sich an die Lehre aus Faust erinnern: Wer versucht, einen Augenblick zu verewigen, verfällt dem Teufel.
Werd‘ ich zum Augenblicke sagen:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust 1
Verweile doch! du bist so schön!
Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
Dann will ich gern zugrunde gehn!
Nichts ist für immer schön, und wenn man merkt, dass es langsam ausfranst, ist es manchmal besser, die Kampagne straff zu einem vernünftigen Abschluss zu bringen anstatt zu versuchen, sie weiter am Leben zu erhalten. Jedenfalls ist das meine Lehre aus dieser Kampagne.