Archiv für den Monat: Februar 2017

Adelheid die Abweisende

Seit Jahrhunderten stellen die Eulen die Kanzler und Notare des Waldes. Durch Fleiß, den Besuch der richtigen Euliversität und gute Beziehungen brachte Adelheid es immerhin bis zur Waldkanzlerin.

Es war ihr immer eine Ehre, ihre Pflicht zu erfüllen. Bis an die Grenzen der Selbstverleugnung glich sie die widerstreitenden Ziele der verschiedenen Gruppen im Wald aus, doch den Ruhm dafür ernteten König und Erzkanzler. Seit einiger Zeit fühlt sie deswegen immer wieder eine Leere in sich aufsteigen. Sie verbirgt ihre Schwäche hinter höflicher Distanz, wobei es ihr beständig schwererfällt, die Fassade aufzuhalten, und die Einsamkeit an ihr zu nagen beginnt.

Ihren letzten Versuch, zu kündigen, erstickte der König in jovialer Freundlichkeit, einem Appell an ihre Treue und ihre unersetzlichen Fertigkeiten. Trotzdem kann Adelheid keinen Sinn in ihren Tätigkeiten erkennen, mehr und mehr erledigt sie Aufgaben rein mechanisch, ohne sie zu hinterfragen. Im Augenblick müssen sich alle Waldbewohner mit formell korrekten Bescheiden rumschlagen, die oft genug am eigentlichen Problem vorbeigehen. (In besonders schwachen Momenten lässt Adelheid sich sogar dazu hinreißen, Antragsteller gezielt zu verletzen.)

Einzig Gespräche mit Faochulix wecken ihre Lebensgeister, weil er ihr endlich ein Ziel bietet – auch wenn ihr Verstand begreift, dass dieses Ziel verdorben ist und nur Unglück bringen wird.

Zerrissen zwischen dieser Sehnsucht und ihrer Pflicht reibt sie sich langsam auf, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie entweder daran zerbricht oder der Versuchung nachgibt, ihre Macht zum Bösen einzusetzen und so zu einer Gläsernen zu werden.

Lutz die Wutz

Wann immer Lärm im Wald ertönt, denkt man als erstes an Lutz die Wutz. Gut, normalerweise ist es im Wald ruhig, aber normalerweise döst Lutz auch entspannt in einem Schlammtümpel.

Am liebsten bleibt er in seiner Schweineform, lediglich, wenn der König des Waldes seinen Leibwächter braucht, verwandelt er sich in seine Wereberform. An seine Zeit als normaler Mensch kann er sich kaum erinnern, er vermisst sie auch selten. Bloß zu hohen Feiertagen besucht er seine Eltern, ansonsten genießt er sein Schweineleben.

Tief in seinem Herzen gibt es etwas, was Lutz mehr mag als dösen: Sein Name »wilde Wutz« stammt noch aus seiner zu Feiern aufgelegten Zeit als Mensch. Sein lautes und heftiges Auftreten sorgte aber immer wieder dafür, dass andere sich vor ihm fürchteten. Viele missdeuteten sein Verhalten und Aussehen als streitsüchtig und hielten sich fern. Nur Schläger und Aufschneider drängten sich zu ihm, von denen er sich wiederum abgestoßen fühlte. So war er über die Stelle als Waldkönigsleibwächter ausgesprochen froh, trotz ihrer Nebenwirkungen.

Neben seinen Aufträgen gibt es nur eine Sache, die ihn in Bewegung versetzt: Seine Vorliebe für Met. Wenn immer er kann, setzt er Honig zur Gärung an. Dies ist einer der wenigen Gründe, warum er manchmal aktiv auf Menschen zugeht. Die meisten Händler geben (sehr zu seinem Bedauern) flugs Fersengeld, sobald ein über 2 m großer, fast ebenso breiter und vollkommen nackter Mann im Wald auf sie zustürmt und sie dabei anschreit.

Ansonsten mag Lutz seine Ruhe, und solange man ihn genießen lässt, hat er auch nichts dagegen, den Genuss zu teilen.

Faochulix der Waldschrat

Dort, wo der Wald am tiefsten und dunkelsten ist, findet sich eine Klippe. Auf der Spitze der Klippe, über einer Höhle, wächst eine Tanne. Unter dieser Tanne wohnt der Druide Faochulix.

Die meisten Leute halten ihn für einen menschenscheuen Waldschrat, in Wirklichkeit liebt er aber den Umgang mit Menschen. Er würde sie gerne alle dazu erziehen, mit der Natur ebenso umsichtig umzugehen, wie er es selbst tut. Doch wenn sie ihren persönlichen Luxus über seine wohlgemeinten Ratschläge hinwegsetzen, kann er cholerisch reagieren.

Bei einem ersten Treffen heißt er Fremde in aller Regel willkommen, bewirtet sie und gibt ihnen Tipps zu ihrer Umgebung. Solange man peinlich genau darauf achtet, der Natur keinen Schaden zuzufügen, bleibt es bei diesem Verhalten. Je öfter eine Gruppe seinen Ansprüchen nicht genügt, desto feindseliger gebart er sich ihr gegenüber.

Die »Naturfeinde« in den umliegenden Dörfern haben es seiner Meinung nach eindeutig übertrieben und müssten erst wieder den nötigen Respekt lernen, bevor sie von Mutter Naturs Gaben profitieren dürfen. Aus diesem Grund versucht er menschenfressende Wölfe (Worge) zu züchten, indem er die bösesten und stärksten Wolfswelpen, die er finden kann, mit Menschenfleisch füttert. Er selbst ist fest davon überzeugt, inzwischen mit den fünf Jungwölfen (Bhfeice, Pionós, Breithiúnas, Choiriúil, Fearg) reden zu können. Diese Wölfe sollen das Instrument seiner Rache an allen Umweltfrevlern sein.

Das Menschenfleisch erhält er von den Friedhöfen der Umgebung. Einige Gläubige fürchten, die Seelen der Verstorbenen blieben im Sarg gefahren und Faochulix könne diese Seele wieder in den Kreislauf des Lebens einspeisen.

Núrias Wandteppich

In einem dunklen, dunklen Wald, liegt ein großer, großer Hügel. In dem großen, großen Hügel findet sich eine tiefe, tiefe Höhle. In der tiefen, tiefen Höhle hängt … ein Teppich. Auf dem Teppich eingewebt sieht man eine Lichtung im Wald, auf der ein Haus steht. Wenn man den Teppich genau betrachtet, erkennt man auch, dass er sich verändert: Rauch steigt aus dem Ofen, Tiere bewegen sich, Fenster und Türen werden geöffnet oder geschlossen.

In diesem Haus wohnt Núria die Waldhexe. Um sie zu besuchen, muss man lediglich die vorne am Teppich eingewebte Gartenpforte öffnen und hindurchtreten, umgekehrt kommt sie auf dem gleichen Weg hinaus. Sie reagiert sehr verärgert, wenn man ihren Teppich einfach abnimmt, zusammenrollt und mitnimmt (was abgesehen von der unhandlichen 65 kg Teppichrolle kein Problem darstellt).

Núria sieht überall Omen, die sie erforschen möchte, und kann daher jederzeit Abenteurer brauchen, die ihren Visionen nachforschen oder Zutaten für ihre Zaubertränke sammeln. Sie strebt ständig danach, schwierigere Zaubertrankrezepte zu meistern, weshalb sie normalerweise auch nur experimentelle Tränke im Vorrat hat. Auf Bestellung braut sie aber auch Standardtränke, zumindest für Leute, die sie mag oder denen sie sich verpflichtet fühlt (z.B. ihre Nachbarn). Wer sie hingegen unter Druck setzt, um einen Zaubertrank zu erhalten, riskiert, sich beim Trinken ihres Tranks in einen Frosch zu verwandeln (in dieser Hinsicht ist sie traditionell eingestellt).

Bei Besuch wirkt sie immer etwas grummelig und tut so, als sei es gerade sehr unpassend und sie kümmert sich nur darum, wenn es ganz schnell geht. Wenn man sich höflich und zuvorkommend verhält und ihr Vertrauen erringt, verfliegt das aber mit der Zeit. Sie reagiert allergisch auf den Namen Elvira, da ihre ungeliebte (und wesentlich erfolgreichere) jüngere Schwester so heißt. Man sollte aber tunlichst unterlassen, seinerseits über Elvira herzuziehen; sie gehört trotz allem zur Familie!

Im Teppich wohnt sie, weil das Wetter dort viel gleichmäßiger ist als draußen im Wald. In der Höhle hängt er, damit er bei Regen nicht nass wird (»so ein Teppich ist ganz schön schwierig zu trocknen, sag ich dir!«).

Zvonimir der Schwermütige

In einem tiefen, tiefen Wald, steht auf einer großen Lichtung eine einsame Ulme auf einem Hügel. Sie wirkt leicht geknickt, als sei sie von schwerer Last niedergedrückt. Der Ort wirkt wie ein guter Lagerort für eine reisende Heldengruppe.

Bei der Ulme handelt es sich um Zvonimir den Schwermütigen. Seine Erfahrungen mit Menschen beschränken sich bisher auf Räuber und Halsabschneider, die sich hier versammelt haben, um über ihre Schandtaten zu berichten, um Gefangene zu quälen und Blut zu vergießen. Oftmals banden sie die Opfer an Zvonimir fest oder nutzten gar seine Äste und Nischen für Qual und Tod. Dies hat sein Bild von der Menschheit geprägt, weshalb er nun jedem Besuch mit Schaudern entgegensieht.

Wenn sich die Gruppe als friedlich herausstellt, wird er sie ansprechen und sich bedanken und fragen, ob sie Verwendung für eine geknickte alte Ulme haben. Vielleicht als Brennholz? Ein Türstopper täte es aber auch. Er möchte nur auf keinen Fall noch mehr Leid erleben und wäre froh, wenn er für all das Grausame, das Menschen mit ihm getan haben, büßen könnte.

Wenn es der Gruppe gelingt, Zvonimir die Lebensfreude zurückzubringen, erhalten sie einen guten Freund, der sie ständig über alles im Wald auf dem Laufenden hält. Er kennt sich auch bestens mit Holz aus. Sie können natürlich auch seine Verzweiflung ausnutzen, Hilfe versprechen und ihn so dazu bringen, Informationen preiszugeben.

Es ist schwierig, ihn von seiner schlechten Meinung abzubringen. Wenn die Helden eine Feier oder etwas ähnliches in seiner Nähe veranstalten, wird er die ganze Zeit seufzen und murmeln »Oh, oh, das nimmt doch kein gutes Ende. Noch lachen sie, aber bald wird Blut fließen«. Es wird einige Zeit (und mehrere heitere Versammlungen) dauern, bis er eine Gruppe von Menschen in seiner Nähe als angenehm empfindet und anfängt, Menschen zu vertrauen und als Freunde anzunehmen.