Archiv für den Monat: Juli 2021

Gemeinsame Open-Source-Welt erstellen

Ein Bekannter fragte mich neulich, was ich von der Idee einer Open-Source-Welt halte: Also einer gemeinsam erschaffenen Welt, deren Inhalten unter einer offenen Lizenz stehen. Grundsätzlich finde ich die Idee gut, aber beim Debattieren stellten wir schnell fest, dass es ein paar Rahmenbedingungen brauchen wird, damit es funktioniert.

Diese Anleitung will dabei nicht die einzig wahre Anleitung für alle Welten sein, sondern gilt nur für die Art von Welt, die meinem Bekannten vorschwebt: Eine möglichst kleinteilige Welt, mit vielen Unterschieden, ideal geeignet für Hex- und Dungeoncrawling, bei der viele Beteiligte mehr oder weniger unabhängig voneinander herumwerkeln können.

Lizenz

Man sollte sich vor Beginn der eine Lizenz überlegen, idealerweise eine der Creative-Commons-Lizenzen. Wer eine Lizenz will, die speziell auf das europäischen Recht abgestimmt ist, kann auch die Lizenz für Freie Inhalte wählen.

Technik

Man braucht im Grunde zwei Dinge: Einen Chat-Dienst wie XMPP, Matrix oder Maston, bei man sich schnell und einfach gegenseitig Ideen zuspielt und über die Arbeit abspricht. Einen Ort, wo man längere Texte und Ergebnisse abspeichert und auf dem alle die Texte einsehen und bearbeiten können, etwa ein Etherpad,ein Wiki oder ein Bookstack.

Aufbau der Welt

Man sollte zunächst ein Thema vorgeben, etwa ein bestimmtes technisches Niveau und eine Grundstimmung. Das sorgt für eine gewisse Balance und so vermeidet man auch, dass einfach nur schlechte Kopien verschiedener irdischer Kultur unpassend aneinander geklebt werden.

Dann sollte die Karte so aufgebaut sein, dass sie sich Imperien zwar vergleichsweise einfach ausbreiten, aber auch vergleichsweise schnell zerfallen. Es sollte also schwierig sein, Truppen zu beliebiger Zeit an den gewünschten Ort zu verlagern – saisonale Winde (wie etwa der Monsunwind) wären ein Ansatz dafür. Sicher, man kann einmalig eine große Armee über das Meer verschiffen, aber die kommt halt auch frühestens ein Jahr später zurück und kann bis dahin auch nicht versorgt werden. Es sollte viele Punkte geben, an denen eine gut vorbereitete Armee einen überlegenen Gegner aufhalten kann.

Langfristig stabil sollten nur kleine Herrschaften sein, aber deren Bedeutung im Lauf der Weltgeschichte sollte beständig schwanken: Alte Traditionen werden insbesondere an Orten bewahrt, die einmal wichtig waren, dann aber ihre Bedeutung verloren haben (siehe etwa Avignon oder Rotenburg ob der Tauber).

Die kleinen Herrschaften sollten nicht autark und isoliert vor sich hin existieren, sondern miteinander verbunden sein: So hat man gleich eine gute Erklärung für die stets bunt gemischten Abenteurergruppen.

[Karneval der Rollenspielblogs] Cyberbarbaren vor der Cyberstadt

Taarions Beitrag zum Karneval, die OC, hat mich zu einem eigenen Ansatz inspiriert: Was, wenn die Zivilisierten nicht nur WiFi benutzen, sondern komplett virtuelle Wesen wären?

Ich verfolge dabei eine Idee des Transhumanismus weiter, nämlich die Vorstellung, Menschen könnten ihr Bewusstsein komplett in eine Maschine laden und dann als virtuelle Wesen wesentlich effektiver denken als als biologische Wesen.

Aber selbst als vollkommen virtuelle Wesen bräuchten sie noch jemanden, der ihre durchgebrannten Speicherbänke austauscht oder sonstige manuelle Tätigkeiten ausführt, die man für den Betrieb eines Rechenzentrums so braucht. Aus Sicht der zivilisierten Virtualisten handelt es sich bei diesem Fußvolk natürlich um Barbaren, mit denen man sich nur sehr umständlich verständigen kann: Sie sprechen ja nicht binär, sondern müssen zunächst umständlich über einen Gedanken-Ton-Digital-Wandler übersetzt werden.

Diese Gedanken-Ton-Digital-Schnittstelle kann man natürlich überlasten, was für die rein virtuellen Wesen dann einige Nachteile hat: Sie könnten einfrieren oder sogar abstürzen. Für die Virtualisten der reinste Vandalismus, dem man entweder mit Gewalt oder Tributzahlungen begegnen muss. Bei Scheitern drohen massive Schäden. Mit ihrem Übertritt in den Cyberspace wird das unvercyberte Fußvolk so zum cyber-stämmischen Cyber-Barbaren.

Dieser Beitrag ist ein Teil des Karnevals der Rollenspielblogs im Juli 2021.

[Karneval der Rollenspielblogs] Cyberbarbaren

Cyber war das Schlagwort der 1990er Jahre, aber auch heute hört man es als Cyberspace hin und wieder. Moderne Sci-Fi hat es eigentlich immer in irgendeiner Form dabei, als Symbol für das Nicht-Greifbare. Barbaren hatten ihre Hochzeit in den 1980ern, doch halten sie sich als kernige Naturburschen bis heute hartnäckig in Fantasyregelwerken.

Der Karneval der Rollenspielblogs im Juni 2021 ruft alle kreativen Schreiber auf, diese widersprüchlich vereinenden Konzepte zu vereinen: Zeigt uns, was die Chiffre »Cyber« mit dem Chiffre »Barbar« verbindet. Erlaubt ist alles, was sich für das Hobby Rollenspiel nutzen lässt: Abenteuer, Hintergrundwissen, Nichtspielercharaktere, Regelvorschläge, Schauplätze, Bilder, Musik und so weiter.

Dazu muss man nicht unbedingt einen Blog schreiben: Auch Beiträge in Foren, im Fediverse, in Wikis oder in sonstigen öffentlich einsehbaren Teilen des Internets (sprich, ohne vorige Anmeldung lesbar) sind willkommen. Organisiert wird der gesamte Karneval aus dem RSP-Blogs-Forum, wo es auch ein Thema gibt, das alle Beiträge sammelt. Damit es zu einem Miteinander kommt, sind alle Teilnehmer aufgerufen, sich in ihren Beiträgen aufeinander zu beziehen und natürlich die eigenen Beiträge (per Pingback oder Kommentar) unter diesem Beitrag oder im Forum zu verlinken!

Wie bei den Startbeiträgen zum Karneval üblich, enthält auch dieser einige Ansätze, um die Kreativität etwas anzuregen:

Barbar

Das Wort »Barbar« besitzt ganz verschiedene Bedeutungen:

  • in der Fantasy bezeichnet es allgemein eher naturverbunden lebende Gruppe, die zäh, muskulös und stur sind. Oftmals haben sie eine Abneigung gegen Magie und verdreschen ihre Gegner lieber halbnackt und mit einer zweihändigen Axt.
  • bei Glorantha bezeichnet das Wort »Barbar« eine seßhafte Kultur, für die Städte nur eine untergeordnete Bedeutung besitzen – sie entsprechen in etwa den keltischen und iberischen Stämmen unserer Welt. Im Gegensatz dazu stehen einerseits die nicht-seßhaften Kulturen »Nomade« (z.B. Skythen) sowie »Jäger und Sammler« (z.B. Samen), andererseits die städtischen Kulturen (z.B. die griechischen Stadtstaaten).
  • Geschichtlich bedeutete das griechische bárbaros zunächst nur Fremdsprachler (jemand, den ich nicht verstehe), nahm dann aber später die eher herabwürdigende Bedeutung »steht zivilisatorisch unter mir« an.
  • Gleichzeitig bezeichnet es aber auch den »Edlen Wilden«, also zivilisatorisch nicht verdorbenen Menschen, der noch im menschlichen Urzustand von vor der Erbsünde (Humanistisch) / Verweichlichung (Römisch) existiert.

Cyber

Auch das Wort Cyber lässt sich ganz unterschiedliche interpretieren:

  • In der geläufigsten Form bedeutet es in etwa virtuelle Realität: Also alles nicht-dingliche, das sinnlich wahrgenommen werden kann.
  • Ihren Ursprung fand das Wort hingegen in der Kybernetik, der Wissenschaft der Steuerung und Regelung – sowohl von Maschinen als auch von Menschen. Sie untersucht Ursache-Wirkungs-Geflechte (deren genaue Form sich gemäß des jeweiligen Fachgebiets unterscheidet) aber auch die Bedeutung des freien Willens.
  • Cyber heißt aber auch eine jugendkulturelle Modeströmung mit einem Schwerpunkt auf düsterem Aussehen und elektronischer Musik.
  • Zu guter Letzt wird es als Vorsilbe gebraucht, wenn man zeigen möchte, dass etwas Althergebrachtes jetzt ganz neu, weil auch im Internet, ist: aus der drögen Industriespionage wird so das hippe Cyber spying.

Und wer so gar keine Idee hat, wie man Cyber und Barbar verbinden kann, findet vielleicht im Genre des Solarpunks einige Anregungen: Da geht es nämlich ebenfalls um technisierte Natürlichkeit.