Archiv für den Monat: März 2011

Ein schlechter Start

Gestern war die erste Runde einer „Mazes & Minotaurs“- Kampagne. Leider ist die ziemlich in die Hose gegangen, weil der SL so ziemlich alles falsch gemacht hat, was man zu Beginn einer Kampagne falsch machen kann. Da man ja aus Fehlern lernen kann, habe ich mich entschlossen, über diesen Fehlstart zu bloggen.

Es ging eigentlich gleich mies los: Der SL forderte einen Wurf auf „Danger Evasion“, damit die Charaktere auf eine im Wasser dümpelnde Leiche aufmerksam werden.

Warum ist das schlecht? Nun ja, diese Leiche war der Plotaufhänger. Die Gruppe musste die Leiche also finden, wenn die Kampagne losgehen soll. Ohne Leiche keine Kampagne, wenn man so will. Mit schlechten Würfen hätten wir uns hier also gleich aus der Kampagne geworfen, was natürlich eher ungünstig ist. Vermutlich hätte der SL uns in diesem Fall die Wasserleiche trotzdem finden lassen, was deutlich zeigt, dass dieser Wurf einfach vollkommen sinnlos und überflüssig war: Entweder er macht keinen Unterschied oder er beendet die Kampagne.

Glücklicherweise bestand allerdings ein Spieler seinen Wurf und wir standen nun am Strand, während im Wasser eine Leiche vor sich hindümpelte.

Tja, und nun? Es war die erste Sitzung einer Kampagne, wir waren bisher weder mit Charakteren noch mit der Spielwelt richtig vertraut, ja, wir wussten noch nicht einmal genau, wo wir überhaupt waren. Wir wussten lediglich, dass wir auf einer Reise waren, aber nicht, wie weit es bis zum nächsten bewohnten Ort ist.

Entsprechend gingen wir davon aus, dass wir uns irgendwo in der Wildnis befanden, und beschlossen, die Leiche würdig zu bestatten. Schließlich wies die Leiche keinerlei Verletzungen auf und trug ein einfaches Gewand, allem Anschein nach war es also bloß ein ertrunkener Fischer oder so.

Dies war aber eine Fehleinschätzung, denn in Wirklichkeit befanden wir uns in der Nähe der nächsten Stadt, wie uns ein zufällig des Weges kommender Bauer mitteilte. Er bot uns auch gleich an, uns nebst (ihm ebenfalls unbekannter) Leiche mitzunehmen. Und natürlich war die Leiche ermordet worden. Glücklicherweise war einem der Gruppe einen Wurf auf „Danger Evasion“ gelungen, um auf den langsam dahinzockelnden Karren aufmerksam zu werden.

Nun gut, wir gingen also mit dem Bauern in die Stadt, wo uns die Wachen aufhielten und uns gleich des Raubmordes an der mitgeführten Leiche verdächtigten und sinnlos mit uns palaverten.

Ja, genau, weil Raubmörder ihre Leichen auch stets offen auf Bauernkarren in die nächste Stadt bringen… Dieser offensichtliche Widerspruch zwischen dem Bauern, der uns blind vertraute, obwohl er Grund zur Sorge gehabt hätte, und den Wachen, die uns grundlos mißtrauten, obwohl wir bloß eine ihnen unbekannte Leiche (die keinerlei Verletzungen aufwies) offen in die Stadt brachten, fiel mir allerdings erst hinterher auf. Zunächst einmal platzte mir der Kragen, weil inzwischen 2 Stunden der geplanten 3 Stunden Spielzeit um waren und das eigentliche Abenteuer bisher noch nicht einmal begonnen hatte. Nach einer kurzen Diskussion ging es weiter, der SL versprach, die Vorgeschichte etwas zu straffen.

Nun gut, kaum haben wir das Stadttor passiert, stürmt eine Frau auf uns zu und wehklagt über ihren Bruder. Nach einigem hin und her bedankt sie sich, dass wir seine Leiche geborgen haben, und lädt uns zu sich ein. Sie erzählt uns ein wenig von ihrem Bruder, einem Weber, und bittet uns, herauszufinden, wie er starb. Sie kann uns aber nicht wirklich weiterhelfen, sie weiß bloß, dass er einer Frau den Hof gemacht hatte, sie heiraten wollte und deshalb für den Morgen eine Fahrt zum Heiligtum der Aphrodite auf einer nahe gelegenen Insel geplant hatte.

Ich weiß immer noch nicht, warum sie glauben, er sei ermordet worden. Nach allem, was wir wissen, kann er bei der Überfahrt zur Insel über Bord gefallen und ertrunken sein, bevor ihn die Flut an den Strand spülte. Schließlich hat er bloß einen blauen Fleck, sonst aber keine Verletzungen.

Gut, wir lernen noch, dass die Nymphe, die das Heiligtum bewacht, derzeit niemanden auf die Insel lässt und sogar den Fährmann vertrieben hat, dann ist die Zeit um.

Gut, noch einmal zusammengefasst, was war an diesem Start schlecht?

  1. Sinnlose Würfelwürfe, die keinen Einfluß auf den Fortgang des Abenteuers hatten. Entsprechend ziellos irrten Spieler wie Charaktere durch das Abenteuer.
  2. Den Spielern fehlte das Wissen, um sinnvolle Entscheidungen zu treffen, und sie konnten es auch nicht erlangen.
    Im gesamten Spielverlauf konnten die Spieler keine einzige Entscheidung treffen. Sämtliche Entscheidungen, die sie trafen, wurden entwertet, um das Abenteuer in die gewünschte Richtung zu steuern.
  3. Die Charaktere hatten eigentlich überhaupt keinen Grund, sich in das Abenteuer zu verwickeln. Es war eine reine Meta-Entscheidung, dem Abenteuerverlauf zu folgen, weil es sonst ganz offensichtlich nichts zu tun gab.

Wie hätte man es nun besser machen können? Nun, das wäre vergleichsweise einfach gewesen:

  1. Das Abenteuer beginnt, wenn die Charaktere die Leiche auf dem Wasser treiben sehen (ohne Würfelwurf). Irgendwas an der Leiche ist ungewöhnlich.
  2. Egal, ob sie die Leiche bergen oder nicht, kommt die Auftraggeberin angerannt und wehklagt über den Tod ihres Bruders. Selbstverständlich ist sie nicht irgendeine Handwerkerin, sondern (wie es sich für griechische Sagen gehört) eine Adelige. Sie fleht die Helden an, ihr zu helfen den Tod eines so edlen Mannes nicht ungesühnt zu lassen.
  3. Jetzt kann man auch die Begegnung mit den Bauern, die Reise in die Stadt und das Gespräch mit den Wachen ausspielen: Charaktere und Spieler haben ein Ziel, können also gezielt Punkte ansprechen und vielleicht sogar schon nützliche Informationen sammeln! Anstatt sinnlosem Lagerfeuerspiel hätte man Rollenspiel im Abenteuer.

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