Selbst die epischste Kampagne beginnt mit einer labbrigen Kartoffel. Gut, vielleicht nicht jede, aber zumindest besteht der erste Hinweis auf Borbarads Umtriebe im Alptraum ohne Ende aus ungewöhnlich großen und geschmacklosen Kartoffeln.
Dieses Abenteuer zeigt, warum Aventurien für sein Flair geschätzt wird. Viele bunte Figuren, allesamt liebevoll beschrieben. Die Startszene lässt die Helden wunderbar spüren, in welcher Ecke sie sich aufhalten: Nämlich dort, wo die Leute es als mitreißenden Zeitvertreib ansehen, zu wetten, wo auf dem Feld eine Kuh ihren ersten Fladen setzt. Besser kann man ein abgelegenes Dorf im tiefsten Weiden nicht charakterisieren. Empfehlenswert das Schützenfest, mit klaren Regeln und einem magischen Pfeil als Hauptgewinn.
Andererseits bestätigt es auch alle Vorurteile gegenüber DSA, wenn es darum geht, die Helden klein- und den Fahrplan einzuhalten. Das fängt schon mit dem Abenteuereinstieg an: Zunächst einmal werden die (bereits recht hochstufigen) Helden zum Startort gebracht, weil sie eine entlaufene Müllerstochter suchen. Anschließend weist der erste Auftraggeber sie (nach ausführlich ausgespielten Bewerbungsgespräch) als inkompetent zurück, den zweiten müssen sie dann anbetteln, damit er sie mitnimmt. Im Text wimmelt es nur so vor Hinweisen, wie man das Abenteuer trotz eventueller »Störversuche« der Helden auf Spur hält. Die Helden haben genau genommen gar keinen Grund, in den verfluchten Ort zu gehen.
In der offiziellen Form eignet sich das Abenteuer daher nur für partizipionistische Gruppen. Dabei ginge es auch anders! Der Oberbösewicht treibt schon länger sein Unwesen, die Gruppe könnte problemlos über eins seiner Verstecke gestolpert sein (die sogar erwähnt werden!), dort von den Plänen erfahren haben. Sie suchen bereits gezielt nach dem Schurken, wissen aber nicht, wo er sich genau rumtreibt und was er vorhat. Einer der Helden könnte aus dem verfluchten Dorf stammen oder die unglückselige Tsageweihte kennen. Selbst wenn der Lakai von den Helden vorzeitig erledigt würde, könnte das den Endkampf verändern, ohne dass Abenteuer an sich zu gefährden (der Verräter brächte seine ehemalige Kameradin um, die Skelette wären geschwächt und unkontrollierbar).
Als besonderen Hohn empfinde ich allerdings, dass im Nebensatz ständig Abenteuerideen angesprochen werden. Die zwei Seiten, auf denen beschrieben steht, was zwischen dem Ende dieses und dem Beginn des Folgeabenteuers geschieht, werfen damit nur so um sich. Genug, für mehrere Stufen Sandkastenspaß in Weiden.
Trotz alledem, die Geschichte ist dermaßen klischeebeladen, dass man sie problemlos in jedes Universum, jede Zeit und jede Erzählrichtung drücken kann. Statt des magischen Rituals könnte auch ein gestörter Nanitenkontrollcomputer oder ein außer Kontrolle geratenes Atomkraftwerk die entsprechenden Auswirkungen verursachen. Genau genommen braucht man bloß zwei durchgeknallte Spinner, die nichts zu verlieren haben und der Welt schaden wollen, und einen Grund dafür, warum ein ehemals fruchtbares Gebiet urplötzlich lebensfeindlich wird. (Bei Shadowrun böten sich dafür toxische Geister an.)
Das ist das Abenteuer mit der Zeitschleife am Ende, richtig? Man, habe ich das beim Spielen gehasst. Wir haben es in einer 17-Stunden-Sitzung durchgespielt, und ich weiß bis heute nicht, warum das so lange gedauert hat. Es ist ja faktisch überhaupt nichts passiert!
Danach habe ich meiner Gruppe recht deutlich nahegelegt, warum ich die Kampagne nicht weiterspielen wollte. Das führte dann glücklicherweise auch dazu, das wir DSA beiseite gelegt haben.
Ja, am Ende stiehlt das Abenteuer nicht nur den Spielern, sondern auch ihren Helden Lebenszeit. Die lange Dauer, in der nichts passiert, dürfte gewollt sein – es gibt halt in der ganzen Kampagne sehr viele Stellen zum freischwebenden Charakterspiel, das keine Auswirkungen hat. Insgesamt scheint die Kampagne darauf aufgebaut zu sein, dass Story und Charakterspiel einander ausschließen.
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