Archiv für den Monat: Mai 2015

Mein RPG-Regal – 2015

Über Rollenspieler deutschsprachig (auf Google+) und Teylen’s RPG Corner wurde ich auf die Shelfie-Aktion aufmerksam. Dort fotografiert man sein eigenes Rollenspielregal, um zu vergleichen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es bei den Sammlungen gibt.

Verglichen mit den anderen Sammlungen, die oft mehr als ein Regal betragen, kommt meine Auswahl recht bescheiden daher:

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Das liegt vor allem daran, dass ich kaum sammele: Ich behalte nur, was ich auch spiele, und verkaufe den Rest relativ schnell (mit Ausnahme von REIGN, weil ich das System einfach sehr mag). Englische Abenteuer kaufe ich zudem wegen der hohen Versandkosten normalerweise als PDF, aber selbst ausgedruckt würden die bestenfalls das eine Regalbrett auffüllen.

Kampagnenvergleich: 2× OSR

Ich spiele im Augenblick in zwei OSR-Kampagnen, beides Sandkästen mit klassischer Rollenverteilung zwischen Spieler und SL.Kampagne 1 will gezielt auf das politische Spiel zusteuern, Kampagne 2 zielt mehr auf Sword & Sorcery.

Vom Start her ähnelten sich beide, die Charaktere treffen sich und machen sich auf, einen Dungeon zu plündern. Von dort aus nahmen sie allerdings vollkommen unterschiedliche Richtungen, bloß der Fokus auf Dungeons und eine große Zahl begleitender NSC bleibt in beiden Kampagnen bestehen.

Bei Kampagne 1 geht es schnell in Richtung taktisch-optimiertem Spiel. Es gibt nichts, das die Gruppe an einem Ort hält. Eher im Gegenteil, der Startort verlangt eine gigantische Kurtaxe von Abenteurern, was wir uns neben den Mietlingskosten nicht leisten können. Der Versuch, Kontakte in der nächstgrößeren Stadt zu knüpfen, schlägt ebenfalls fehl. Niemand wichtiges mag mit uns sprechen, der Versuch, Gerüchte zu sammeln, offenbart zwar einige Probleme, aber keine Möglichkeiten, sie anzugehen. Wir kehren daher mangels Alternativen zum Startdungeon zurück und legen uns mit einem Goblinstamm in der Gegend an. Derzeit schnetzeln wir uns mit einigen Monstern, die unsere Magier verzaubert haben, durch deren Festung.

Bei Kampagne 2 hingegen bilden sich schnell Eigenarten der Charaktere heraus, die auch Entscheidungen beeinflussen. Die Gruppe verbündet sich mit dem lokalen Fürsten und wird in politische Belange hineingezogen: Dem Streit zwischen dem Fürsten und seiner Priesterin, die versucht, ihn davon zu überzeugen, sich dem Reich ihres Herren zu unterwerfen. Sämtliche Entscheidungen der Charaktere führen zu neuen Verwicklungen: Konflikte um Piraten und Städte, die von den Piraten profitieren, sowie Händlern, die unter den Piraten leiden, folgen. Wir schaffen es, den mächtigsten Magier in weitem Umkreis dermaßen zu erzürnen, dass wir die Stadt verlassen müssen, damit er sie nicht unseretwegen zerstört. Wir vertreiben die Untoten aus einem lokalen Dungeon, indem wir ihn gemeinsam mit einer örtlichen Priesterin weihen lassen (und nebenher noch ihren Gehilfen mit einer befreundeten Druidin verkuppeln).

Obwohl beide Kampagnen etwa gleich oft gespielt werden, ist die erste viel langsamer. Es passiert weniger, die Bindung an die Charaktere ist geringer. Gleichzeitig bietet die 2. Kampagne, die eigentlich bloß eine unbekümmerte Runde Sword & Sorcery sein soll, mehr politisches Spiel als die 1. Kampagne. Ich habe versucht, herauszufinden, was. Meine Vermutung: Es liegt am Hintergrund.

Die 1. Kampagne bietet eine sehr detaillierte Hintergrundwelt, die sogar Klassennamen anpasst. Sie bietet aber von Haus aus keinerlei NSC, auf die wir Bezug nehmen können – ein klassischer Aufbau, in dem die SC der Welt ebenso fremd sind wie die Spieler.

Die 2. Kampagne beschreibt die Hintergrundwelt nur sehr grob, es ist bloß die Zusammenfassung einer kleinen Ecke aus den »Wilderlands of High Fantasy«. Allerdings: Mehr als die Hälfte der Beschreibung besteht aus erreichbaren NSC, inklusive deren Stärken, Schwächen und Ziele.

Mein Fazit: NSC mit Zielen, Stärken und Schwächen sind für den Start einer Sandkasten-Kampagne wesentlich wichtiger als eine detaillierte Hintergrundwelt. Besonders für politisches Spiel sollte man die Charaktere frühzeitig mit mächtigen NSC bekanntmachen, um sie in die Welt einzubinden.

Wieso, weshalb warum: DSA5 und die Zukunft.

Nach einigen Gespräche mit Jens Ullrich zu DSA5, konnte ich ihn überzeugen, dass er mir einige Fragen zur Entwicklung und zur Zukunft von DSA beantwortet. Netterweise hat er sie auch gleich an Alex Spohr weitergeleitet, der ja zusammen mit ihm an DSA5 gearbeitet hat. Wer also Details zur Entwicklung von DSA5 wissen möchte oder wohin es mit Abenteuern und anderen Veröffentlichungen gehen soll, findet im folgenden Interview hoffentlich einige Antworten.

Mein Fazit vorab: Klarere Struktur für Abenteuer, Orks und Goblins werden eine größere Rolle in der Zukunft Aventuriens spielen und ansonsten bleibt vieles wie gehabt – nur etwas besser. Nun aber kommen meine Gäste zu Wort:

Hallo Jens und Alex, vielen Dank, dass ihr mir einige Fragen zu DSA5 beantwortet. Was macht ihr gerade noch, außer diese  Fragen zu beantworten?

Jens: Vorhin habe ich einen Regelabschnitt zu Verfolgungsjagden überarbeitet und einige weiterführende Konzepte für verschiedene Spielstile im Kompendium vorbereitet.

Alex: Ich finalisiere gerade das Material für den Gamma-Test, erstelle ein paar Referenz-Sheets und arbeite an der finalen Konzeption einiger Regelerweiterungen.

Dem Stimmungsbild in Foren nach soll DSA 5 ein regelleichtes System sein, das im Hintergrund bleibt, sämtliche Spezialgebiete detailliert und mit angepassten Regeln versieht und bei schneller Charaktererschaffung erlaubt, jegliche Eigenschaften des Charakters durch die Regeln auszudrücken. Genug Forderungen für fünf Rollenspiele. Irgendwie musstest du entscheiden, was war dein Maßstab?

Jens: Das Schwarze Auge war und ist das große deutsche Rollenspiel. Damit muss das dazu gehörige Regelsystem natürlich auch viele verschiedene Spielstile unterstützen oder zumindest nicht behindern. Dass die Wünsche der einzelnen Spieler sich allzu oft diametral widersprechen, liegt hier in der Natur der Sache. Mir war es wichtig, mit dem Grundregelwerk eine relativ einfache und solide Basis zu schaffen, die durch verschiedene Aufsätze, beispielsweise aus dem Kompendium, in entsprechende Richtungen ausgebaut werden kann. Für mich hatten hier zwei Schritte Priorität: Im ersten Schritt haben wir die Regeln für DSA durch Linearisierung und Standarisierung so weit herunter destilliert, bis die relevanten und für DSA typischen Elemente klar hervor getreten sind. Im zweiten Schritt haben wir diese Regeln optimiert, wenn nötig auch komplett neu erschaffen, und auf ihrer Basis die verschiedenen Elemente des Systems neu aufgesetzt.

Alex: Sicherlich kann man nicht jeden Spieler mit allen Regeln glücklich machen. Aber wir haben schon den Anspruch, dass wir ein elegantes und modernes System erschaffen erstellen und das sich gleichzeitig auch nach DSA anfühlt (deshalb auch weiterhin die 3W20-Probe und viele der Regebegriffe, die man aus den früheren Editionen kennt).

Das Regelsystem soll leicht von der Hand gehen und auch der Charakterbau ist deutlich schneller als in der letzten Edition, aber wir wollen auch die Komplexität erhalten. Gerade durch die Regelerweiterungsbände kann sich jede Gruppe für den Detailgrad entscheiden, den sie gut findet.

Wie schätzt du das Verhältnis von Kosten zu Nutzen bei der öffentlichen Beta ein? Wo half sie bei der Entwicklung?

Jens: Nun, einen großen Teil des Feedbacks ging an Alex, den ich um seine Aufgabe wahrlich nicht beneidet habe. Von daher lag ein guter Teil der Arbeit bei ihm.

Trotz gewisser Schwierigkeiten fand ich persönlich die Ergebnisse der öffentlichen Beta durchaus relevant. Das fängt bereits mit dem Zwang an, während der Designphase ein Testversion zu erstellen, die mehr oder weniger komplett verschiedene Strukturen und Konzepte vorstellt. So ist man gezwungen die einzelnen Subsysteme früh auszuformulieren und zusammen zu fügen.

Es ist von uns leider nicht klar genug kommuniziert worden, dass es sich hierbei um eine Arbeitsversion handelt, bei der beispielsweise das Balancing, das sich üblicherweise erst am Ende der Entwicklung verdichtet, noch fehlte.

Genau das ist ja auch im Vorfeld gefordert worden, eine Version, die noch in einer Designphase ist, in der man größere Änderungen vornehmen kann, statt eine quasi fertige Version vorzustellen, in der, egal welches Feedback kommen mag, nur in Details Überarbeitungen möglich sind.

Das einlaufende Feedback hat uns dann auch interessante Tendenzen gezeigt, welche Mechanismen angenommen wurden und welche nicht.

Alex: Es gab schon zahlreiche Ideen aus dem Feedback, die ins finale Regelwerk eingeflossen sind. Natürlich konnten wir nicht alles berücksichtigen, aber das ist auch nicht möglich oder das Ziel gewesen, denn es gibt Anmerkungen, die sich einfach widersprechen.

Ich halte Feedback für sehr wichtig, aber es war auch eine zeitintensive Bearbeitung. Gerade bei Bugs, die einem einfach durch eine gewisse Betriebsblindheit nicht mehr auffallen, ist ein solches Feedback wichtig. Aus diesem Grund haben wir auch noch eine zweite Testphase, den Gamma-Test, eingeführt.

Wenn du neue Regeln brauchtet, woher stammten deine Inspirationen?

Jens: Ich glaube kreativ im künstlerischen Sinne ist Regeldesign selten, wenn es um konkrete Mechanismen geht, daher braucht es da auch nur selten Inspiration.

Man definiert im Vorfeld die grundlegenden Strukturen und Werkzeuge und muss sich gegebenenfalls überlegen, wie man sie für die jeweiligen Fragestellungen anwenden kann. Bei Einzelregeln wie Verfolgung, Sprungdistanzen oder der Wirkung von großer Hitze und Kälte haben wir erst einmal eine bestimmte Zielsetzung definiert, meist auf Basis der Realität. Dann haben wir die zu erwartenden Maxima und Minima gesetzt. Zu guter Letzt haben wir dann (hoffentlich erfolgreich) versucht mit den Mitteln des Systems die Situation regelseitig so abzubilden, dass die Regeln in der Anwendung die Situation schlüssig abbilden, ohne sich in Kleinschrittigkeit zu verlieren.

Alex: Erfahrung ist nicht ganz unwichtig. Man kennt ja allein durch das jahrelange Spielen eines Spiels seine Stärken und Schwächen. Und man macht sich dabei ja auch schon Gedanken, wie es besser funktionieren könnte.

Außerdem sollte man immer verschiedene Modelle testen und nicht zu engstirnig sein. Wer immer nur seinen Willen durchsetzen will bekommt am Ende das raus was er gut findet, aber nicht zwangsweise, was viele Spieler begeistert.

Warum sollte ich mir DSA5 angucken, wenn ich statt auf DSA4 umzusteigen bei DSA3 blieb bzw. von DSA3 zu einem komplett anderen Regelwerk wechselte?

Jens: Das kommt sehr darauf an, was man will. Wenn man mit DSA3 zufrieden ist und das System alles genau so abdeckt, wie man es will und braucht, um mit einem Maximum an Spielspaß spielen zu können, dann ist DSA3 sicher die beste Wahl. Ansonsten wird, so der Plan, DSA5 klar strukturierte Regeln bieten, die Abenteuer in Aventurien optimal abbilden sollen. Auf gewisse Weise gilt hier also am Ende system matters.

Alex: DSA5 wird dir ein schnelles, aber durchaus komplexes System liefern. Du wirst viele Elemente aus den bisherigen DSA-Editionen wiederentdecken, aber auch neue, ausgereiftere Regelideen und eine klare Struktur.

Es gibt für DSA4 ja Lizenzen für die anderen derischen Kontinente neben der Hauptlinie »Aventurien«. Wollt ihr mit DSA5 mehr Leute dazu anregen, DSA als Grundlage für ihre eigene Welt zu benutzen, den Status quo erhalten oder sogar zurückfahren?

Jens: Also grundsätzlich darf gern jeder mit den DSA-Regeln das spielen, was er mag. Theoretisch kann ich mir da viel vorstellen. Gedacht und angepasst sind sie aber natürlich auf Aventurien und die anderen Kontinente Deres.

Alex: Die Grundregeln sind sicherlich so universell, dass Spieler damit überall spielen könnten. Die erweiterten Regeln, z.B. die Zauber und Liturgien sind natürlich aventurien-spezifisch. Für die übrigen Kontinente und Spielwelten Deres wird man immer einen Settingaufsatz brauchen, aber so hatten wir das auch geplant.

DSA hatte sich einen gewissen Ruf erarbeitet, seine Abenteuer seien von Deutschlands schönsten Bahnstrecken inspiriert.  Dank der Quanionsqueste oder der Betaabenteuer ändert sich diese Meinung etwas. Es gab aber Mahnungen, die heutigen Abenteuer erforderten zu viel Vorbereitungsaufwand und man könne nicht mehr einfach losspielen. Plant ihr ein neues Standardformat für Abenteuer, euch näher an Abenteuern einer früheren Ausgabe zu orientieren oder es in Zukunft vielfältiger anzugehen?

Jens: Wir haben uns dazu entschlossen, wieder mehr kürzere Abenteuer anzubieten, die ready-to-play sind. Das muss nicht zwingend bedeuten, dass es sich dabei um beinhartes Railroading oder flache Storys handeln muss. Ich bin der Überzeugung, dass man auch offene oder komplexe Handlungsstränge ready-to-play aufbereiten kann, ohne gleich hunderte von Seiten zu benötigen.

Alex: Am Format der Abenteuer wird sich grundlegend etwas ändern. Wir haben eine neue, übersichtliche Struktur entworfen, die einheitlicher sein wird als früher und die Meisterinformationen wieder von Standardinformationen trennt.

Ob die Abenteuer eher in Richtung Railroading oder Sandkasten tendieren, kommt aber auf das Konzept des Abenteuers an. Ich halte beide Formen für legitim.

Zu guter Letzt: Wird neben den Vademekums der Zwölfgötter auch eins für den Namenlosen erscheinen?

Jens: Wenn es nach mir geht, wird es zumindest sehr haarige Vademekumse geben. Aber über den, der keinen Namen hat, spricht man nicht. Das zieht nur du weißt schon was an.

Alex: Möglicherweise, vielleicht, eventuell …