Archiv für den Monat: August 2011

Taliskrämer im Dungeon

Dungeons brauchen Räume. In denen sollten irgendwas drin sein, was Abenteuer, Überraschung und Nützliches bietet. Aufgrund eines lustigen Chatgesprächs hatte ich die Idee zu einem Taliskrämer, der ohne sein Wissen auch über einen Dungeon zu erreichen ist und ein daher äußerst gut sortiertes und ständig wandelndes Angebot hat – nicht zu vergessen eine Falle und Aufhänger für Abenteuer…

Serpos kleiner Magieladen

Dieser Raum enthält Dutzende von Regalen, Schränken, Truhen und eine große Theke. Darauf und dazwischen stapeln sich alle möglichen Gegenstände: Kleider, Pergamente, Folianten, Waffen und sonstiger Krimskrams. Für Magier ist es das reinste Einkaufsparadies, denn hier lassen sich nahezu alle für Zauber nötigen Reagenzien finden.

Die meisten der Gegenstände verändern sich von Besuch zu Besuch, lediglich drei Dinge sind immer gleich: der in eine bequeme Robe gekleidete Besitzer Serpos, ein Regal mit weißem und besonders starrem Pergament sowie ein Bild über der Theke.

Das Inventar

In diesem Laden lässt sich theoretisch alles finden, was die Spieler kaufen möchten, allerdings nur für Spontankäufe. Wenn es vorhanden ist und sie es nicht kaufen, ist es bis zum nächsten Mal anderweitig vergeben. Serpos weist bei Nachfragen auch ausdrücklich auf die Veränderlichkeit seines Inventars hin und legt grundsätzlich nichts zurück, auch nicht bei Anzahlung.

Gegenstand Wahrscheinlichkeit
Zaubertränke 15 %
Spruchrollen 10 − Zaubergrad %
Waffen und Rüstungen 1 %
Dauerhafte magische Gegenstände 1 %
Einmalig benutzbare magische Gegenstände 15 %
Nichtmagische Gegenstände 60 %

Serpos

Serpos ist ein Mensch, der stets dabei ist, den Laden zu putzen und zu sortieren. Er scheint meistens etwas abweisend, findet aber trotzdem stets das, was die Kunden suchen. Seine Kleidung ist eher bequem und von mittlerer Qualität, aber stets sauber und angenehm. Auch Serpos selbst sieht, trotz seines ständigen Fünftagebarts, sehr gepflegt aus. Er ist ein angenehmer Geselle und es macht Spaß, mit ihm zu plaudern. Er weigert sich aber, auf tiefsinnige Themen einzugehen und beantwortet sie mit Scherzen oder Wortspielen.

Seit er eine Vase in einem Tempel der Isis zerbrochen hat, wird er von Rückenschmerzen geplagt und wäre für Abhilfe sehr dankbar. Er hat aber keine Ahnung, wie er Isis versöhnen könnte.

Darauf angesprochen, wieso er im Dungeon wohnt, reagiert Serpos ausgesprochen verwirrt. Seiner Meinung nach befindet er sich in Vornheim. Wenn er die Tür oder ein Fenster öffnet, so sieht man dahinter tatsächlich eine Stadt. Wenn allerdings ein Charakter die Öffnung durchschreitet, findet er sich im Dungeon wieder, aus dem er in den Laden gelangt war.

Das Regal

Das Regal enthält hauchdünn geschliffene Drachenknochen, die ein mächtiges Orakel beinhalten, das aber nur Eingeweihte benutzen können. Serpos studiert das Orakel bereits seit Jahren und kann es daher anrufen, tut dies gegen Entgelt auch für Fremde. Da er es aber nicht vollständig durchdrungen hat, sind aber nicht alle seinen Antworten hilfreich – teilweise verwirren sie mehr, als dass sie aufklären. Serpos verlangt pro Frage einen Diamanten, der nicht erstattet wird.

Wurf Resultat
1 Die Antwort verwirrt den Fragenden so sehr, dass er dauerhaft 1 Punkt WEISHEIT verliert.
2 Die Antwort verwirrt den Fragenden, ist aber gleichzeitig so faszinierend, dass er darüber nachgrübelt. Bis dem Fragenden ein Rettungswurf gegen Magie gelingt, erleidet er −1 auf alle Proben. Der erste Rettungswurf ist nach einem Tag erlaubt. Nach gelungenem Rettungswurf erhält er einen Motivationsbonus von +3 auf seinen nächsten Wurf.
3-9 Die Antwort ist nichtssagend oder hat scheinbar nichts mit der Frage zu tun. Der Frager weiß anschließend nicht mehr als vorher.
10-16 Ein kleiner Teil der Frage wird beantwortet, bestimmte Spuren als eindeutig falsch bzw. eindeutig wahr gekennzeichnet. Es erfordert bei nicht-trivialen Fragen aber noch einige Arbeit, um zum endgültigen Ergebnis zu gelangen.
17-20 Die Frage wird klar und deutlich beantwortet.

Das Bild

Das Bild zeigt eine verführerische Frau, die in große Mengen von Schmuck gekleidet ist. Der Schmuck ist geschickt angeordnet und zeigt gerade so viel, um Appetit auf mehr zu machen. Das gesamte Bild atmet ägyptisches Flair, oberhalb der Frau steht in großen Buchstaben „KLEO“.

Wenn man die Frau auf dem Bild berührt, hat man das Gefühl, sie zwinkere einen zu und hauche einem „bringst du PATRA?“ ins Ohr. Wenn man „nein“ sagt, bleibt bloß ein Gefühl der Unwirklichkeit. Wenn man „ja“ sagt, hat derjenige das Gefühl, die Frau auf der Liege würde sich zu ihm vorbeugen und hört sie sagen: „Gib sie mir, ich warte schon so lange. Gib sie mir, bitte – es soll dein Schaden nicht sein!“

Wenn man ihr PATRA gibt, wird diese(r) ebenfalls ins Bild gezogen. Die Frau aus dem Bild haucht: „Tausend Dank. Nimm diese Perle. Wenn du jemals ehrlich einen Kuß wünschst, dann lege sie unter deine Zunge und dein Wunsch wird erfüllt.“ Anschließend vergeht das Bild in einer Stichflamme.
Die Perle funktioniert wie versprochen: Wer sie unter die Zunge legt, dem wird kein Kuß abgeschlagen. Allerdings funktioniert sie nur einmal, anschließend löst sie sich mit bitterem Geschmack im Mund auf und der Empfänger des Kusses erleidet das gleiche Schicksal wie beim Kuss eines Sukkubus.

[Rezension] Dungeonslayers – ein altmodisches Rollenspiel?

Dungeonslayers ist laut Eigenwerbung ein „altmodisches Rollenspiel“. Gleichzeitig ist es aber auch ein von Grund auf für einen bestimmten Zweck geschriebenes Rollenspiel. Wie passt das zusammen? Nun, ganz einfach: Das Spiel versucht, einen bestimmten Spielstil zu unterstützen, ein bestimmtes Spielgefühl zu transportieren. Es versucht nicht, alte Regeln nachzubauen. In dieser Hinsicht ähnelt es Dragon Age, das mit einem ähnlichen Anspruch entwickelt wurde.

Aus diesem Grund ist die Selbstbeschreibung als „altmodisches Rollenspiel“ auch ein wenig verwirrend, da diese Bezeichnung im Augenblick ja stark mit der Old-School-Renaissance verbunden wird. Zwar wollen beide „zurück zu den Wurzeln“, aber ihre Wurzeln sind nicht identisch (auch wenn sie sich in gewissen Bereichen überschneiden).

Dungeonslayers (nomen est omen) ist darauf ausgelegt, sich durch den Dungeon zu schnetzeln und dabei gut auszusehen. Herausforderungen bestehen in den einzelnen Begegnungen, die die Gruppe stets bis an die Leistungsgrenze fordern. Wenn man die Begegnung aber überlebt, hat dies dank mächtiger und leicht verfügbarer Heilung kaum negativen Nachwirkungen – vorausgesetzt, der Heiler lebt noch… (In dieser Hinsicht ähnelt es Pathfinder und D&D4, weshalb deren Abenteuer recht einfach konvertiert werden können). Leider hat das Regelwerk hier ein Manko: Die vorgestellten Fallen passen nicht zu diesem Ziel, würden vom Autor selbst auch nie so benutzt werden. Hier wären bessere Beispielfallen wünschenswert.

Dies soll jetzt nicht heißen, dass Dungeonslayers nichts anderes könne als Dungeons. Zwar stehen Kampf und Aufklärung deutlich an erster Stelle der verfügbaren Fertigkeiten, Talente und Zauber, aber sie sind keineswegs darauf beschränkt. Einziges Problem: Diese Fertigkeiten bevorzugen Zauberer (und geringerem Maße Späher), da die meisten auf Attributen und Eigenschaften beruhen, die für diese beiden Klassen wichtig sind. Krieger gehen, wie so oft, nahezu leer aus. Dies wird leicht abgemildert, weil Zauberer pro Stufe nur einen neuen Zauber lernen können, wodurch sie selten für jede Situation den passenden Zauber dabeihaben. Insgesamt sind Zauberer aber auch bei Dungeonslayers die flexibelste Klasse, wobei unter den Zauberern der Heiler mit den meisten und nützlichsten Möglichkeiten herausragt. Kleine Anekdote am Rande: Dank der Berechnung der Kampfwerte sind Schwarzmagier hervorragende Schützen, besser als jeder Krieger.

Mit den Kampfwerten kommen wir auch zur Charaktererschaffung, die ich sinnlos kompliziert finde. Zunächst verteilt man eine bestimmte Anzahl von Punkten auf Attribute (wobei die gewünschte Klassen hier eigentlich eine optimale Lösung vorgeben), dann eine geringere Anzahl Punkte auf die Eigenschaften (wo es, abhängig von der gewünschten Spezialisierung, ebenfalls optimale Lösungen gibt). Aus diesen Attributen und Eigenschaften werden dann die Kampfwerte und Fertigkeitenwerte ermittelt. Bei der Laufleistung muss dazu geteilt werden, ohne dass erklärt wird, ob, und wenn ja in welcher Form, gerundet wird. Je nachdem, mit welchem Hintergrund man zu Dungeonslayers stößt, kann das zu einiger Verwirrung führen. (Bei MIDGARD wird z.B. bei jedem Rechenschritt abgerundet). Während dies bei der Laufleistung noch kein großes Problem darstellt, diese wird ja nur einmal errechnet, stört dies bei einigen Zaubern deutlicher: Dort müssen nämlich teilweise mitten im Spielgeschehen Gegnerwerte dividiert werden, um die Wirkung eines gegen sie gerichteten Zaubers festzustellen.

Fazit: Ein Spiel, das wenig Flair ausstrahlt, einige handwerkliche Fehler aufweist, aber, trotz seines Aussehens, spielerischen Tiefgang bietet. Es ist gleichzeitig altmodisch und modern – modernes Regeldesign, aber vom Anspruch knüpft es an die Mode aus der Zeit vor dem Erzählspiel an. Es wird vermutlich nie mein Lieblingsspiel werden, aber wer also ein einfaches und aktuelles D&D auf Deutsch sucht, wird mit Dungeonslayers fündig und erhält obendrein noch eine aktive Gemeinschaft, die beständig neues Material liefert.

Rezension: LotFP Grindhouse Edition

Lamentations of the Flame Princess ist ein Rollenspiel im Stil des alten D&D. Im Gegensatz zu den Klonen, über die ich mich ja schon ausgelassen hatte, versucht es aber, einige der umständlichsten und störendsten Regelungen abzuschleifen und zu verbessern. Im Grunde gibt es drei große Änderungen von AD&D / BD&D zu LotFP: Das Fertigkeitensystem, die Start-TP, die Klassenfertigkeiten, die Tragkraft und der Aufbau der Attribute.

Wie bei allen alten Versionen des Spiels werden die Attribute zufällig ermittelt, mit der harten Methode: 3W6, für jedes Attribut in alphabetischer Reihenfolge gewürfelt. Im Gegensatz zu älteren Versionen werden die Attribute selbst aber praktisch gar nicht angewendet, sondern nur ihre jeweiligen Boni oder Mali. (Die übrigens für alle Attribute einheitlich sind und von −3 bis +3 reichen). Die gewürfelten Werte von 3-18 haben also praktisch keine Bedeutung, sie sind nur noch interessant, wenn sich der Attributswert im Spiel ändert (was eigentlich nur durch den Einsatz von Magie geschieht).

Die Boni und Mali werden im Grunde für alles verwendet, wofür frühere Versionen eine Attributszuordnungstabelle benutzten. Dies hat auch zur Folge, dass die Tragkraft nicht mehr in abstrakte Einheiten umgerechnet werden muss, man zählt einfach die mitgeführten Gegenstände. Je höher der Attributsbonus, desto mehr Gegenstände kann man tragen (umgekehrt können besonders schwache Charaktere weniger Gegenstände tragen).

Die Klassen wurden bei LotFP geschärft. Jede Klasse hat eine Fertigkeit, die sie besonders gut kann und in der ihr andere auch nicht das Wasser reichen können. Nur Kämpfer verbessern ihre Kampffertigkeiten, nur Spezialisten verbessern jemals ihre Erfolgschancen im Fertigkeitensystem, Zwerge sind unkaputtbare Lastesel, Halblinge untreffbare Glückspilze. Selbst die Zauberlisten für Kleriker und Magier wurden größtenteils von Doppelungen bereinigt. Dies ist recht praktisch, da es so schwierig wird, in anderen Nischen zu wildern – ein Problem, das ja vor allem attributsbasierte Fertigkeitssysteme haben.

Wie üblich werden auch die Start-TP ausgewürfelt, allerdings gibt es eine Tabelle mit Mindest-Start-TP (je nach Klasse 4-8 TP). Beim Stufenanstieg wird dann jeweils ein klassenabhängiger Würfel dazugewürfelt.

Das Fertigkeitensystem erlaubt es allen Charakteren, abenteuertypische Tätigkeiten auszuführen. Dazu würfelt man mit einem W6. Normalerweise gelingt der Versuch bei einer 1, aber der SL kann Boni oder Mali vergeben und so die erforderliche Zahl verändern. (Einige Klassen haben bestimmte Boni und Mali eingebaut, z.B. Elfen, wenn sie Geheimtüren suchen). Spezialisten können jede Stufe einige Punkte auf ihre Fertigkeiten verteilen, die dann automatisch Boni auf die Probe gewähren.

Damit räumt LotFP schon mal gut an Kritikpunkten auf, die ich sonst gegenüber altem D&D habe. Die Änderungen sind gut, durchdacht und funktional. Ich empfinde sie als deutliche Verbesserung.

Das soll jetzt aber nicht heißen, dass ich wunschlos glücklich wäre. Das Spiel hat trotz allem einige Macken. So haben einige Zauber widersprüchliche Angaben zur Welt. Dies ist laut Autor zwar so gewollt, um eben Unsicherheit über das „Leben nach dem Tod“ zu schaffen, aber es handelt sich mitnichten um die geschickteste Art, dies zu erreichen. Dafür wäre es vermutlich sinnvoller gewesen, die entsprechenden Zauber deutlich vager zu formulieren.

Vor allem aber ist das Buch schlecht organisiert. Für die Fertigkeiten muss man z.B. zwischen Spezialisten und der Sektion „Regeln für Abenteuer“ springen. Die Regeln für den hinterhältigen Angriff (der auch den Überraschungsangriff abdeckt) findet sich nur beim Spezialisten, nicht bei den Kampfregeln. Der Aufbau müsste dringend überarbeitet werden.

Alles in allem ist LotFP ein gutes Spiel für Leute, die altmodisches D&D mögen. Es behebt einige der ärgsten Probleme, die ich mit den alten Regeln hatte, oftmals auf elegante Art. Dafür kann ich mit den kleinen Ärgernissen leben. Leute, die D&D schon immer doof fanden, werden aber auch mit LotFP nicht glücklich, dafür schleppt es zu viel Ballast mit.