Die FDP hat ein Problem. Dieses Problem heißt aber nicht Rösler, auch nicht Westerwelle. Eher im Gegenteil, das Problem der FDP ist älter, es reicht bis in die 1990er zurück. Damals verlor die FDP langsam ihre großen öffentlichen Themen, im Sog der neoliberalen Globalisierung verstieg sie sich dazu, die Welt mit einfachsten Rezepten zu retten. Westerwelle übertünchte dieses Loch mittels seines persönlicher Charismas und seiner gewagten Auftritte, verhinderte damit aber auch eine Programmdebatte.
Deswegen löst Westerwelles Abschied das Problem der FDP auch nicht, ebensowenig kann Röslers Einstieg es lösen. Denn die FDP hat kein Personalproblem, sie hat ein Programmproblem. (Oder zumindest ein Problem mit dem öffentlich wahrgenommen Programm). Dies wurde ja in den Medien auch groß hervorgehoben, als es um den Wechsel von Westerwelle zu Rösler ging nur fand die geforderte Programmdebatte nicht statt, öffentlich gestritten wurde (und wird) nur um Köpfe.
Die ehemalige Bürgerrechtspartei FDP vernachlässigt im Wahlkampf die Bürgerrechte, tritt stattdessen mit Angstparolen gegen Rot-Grün und fordert einen schlanken Staat mit weniger Steuern. Und inzwischen mausert sich die Piratenpartei von freie Musik für freie Bürger zu einer richtigen Partei und damit zu einer Konkurrenz, denn die Piraten besetzen offensiv das Thema Bürgerrechte im Wahlkampf und werden dieses Thema auch nicht kampflos wieder abgeben.
Wenn die FDP ihre Programmdebatte nicht bald startet, könnte es daher zu spät sein. Dies heißt nicht, dass die FDP schon chancenlos wären. Sie sind schon einmal aus fast allen Parlamenten hinausgeflogen, nur um einige Zeit später ihre besten Wahlergebnisse seit der Gründung einzufahren. Auch bei der SPD sah es eine Zeit lang so aus, als würde sie von der PDS/LINKEN ausgebootet, heute ist das Verhältnis genau umgekehrt. Es heißt nur eins: Für andere Bürgerrechtsparteien besteht derzeit die Gelegenheit, die FDP zu ersetzen. Vorausgesetzt, sie selbst machen alles richtig und die FDP viel falsch.