Kampagnenvergleich: 2× OSR

Ich spiele im Augenblick in zwei OSR-Kampagnen, beides Sandkästen mit klassischer Rollenverteilung zwischen Spieler und SL.Kampagne 1 will gezielt auf das politische Spiel zusteuern, Kampagne 2 zielt mehr auf Sword & Sorcery.

Vom Start her ähnelten sich beide, die Charaktere treffen sich und machen sich auf, einen Dungeon zu plündern. Von dort aus nahmen sie allerdings vollkommen unterschiedliche Richtungen, bloß der Fokus auf Dungeons und eine große Zahl begleitender NSC bleibt in beiden Kampagnen bestehen.

Bei Kampagne 1 geht es schnell in Richtung taktisch-optimiertem Spiel. Es gibt nichts, das die Gruppe an einem Ort hält. Eher im Gegenteil, der Startort verlangt eine gigantische Kurtaxe von Abenteurern, was wir uns neben den Mietlingskosten nicht leisten können. Der Versuch, Kontakte in der nächstgrößeren Stadt zu knüpfen, schlägt ebenfalls fehl. Niemand wichtiges mag mit uns sprechen, der Versuch, Gerüchte zu sammeln, offenbart zwar einige Probleme, aber keine Möglichkeiten, sie anzugehen. Wir kehren daher mangels Alternativen zum Startdungeon zurück und legen uns mit einem Goblinstamm in der Gegend an. Derzeit schnetzeln wir uns mit einigen Monstern, die unsere Magier verzaubert haben, durch deren Festung.

Bei Kampagne 2 hingegen bilden sich schnell Eigenarten der Charaktere heraus, die auch Entscheidungen beeinflussen. Die Gruppe verbündet sich mit dem lokalen Fürsten und wird in politische Belange hineingezogen: Dem Streit zwischen dem Fürsten und seiner Priesterin, die versucht, ihn davon zu überzeugen, sich dem Reich ihres Herren zu unterwerfen. Sämtliche Entscheidungen der Charaktere führen zu neuen Verwicklungen: Konflikte um Piraten und Städte, die von den Piraten profitieren, sowie Händlern, die unter den Piraten leiden, folgen. Wir schaffen es, den mächtigsten Magier in weitem Umkreis dermaßen zu erzürnen, dass wir die Stadt verlassen müssen, damit er sie nicht unseretwegen zerstört. Wir vertreiben die Untoten aus einem lokalen Dungeon, indem wir ihn gemeinsam mit einer örtlichen Priesterin weihen lassen (und nebenher noch ihren Gehilfen mit einer befreundeten Druidin verkuppeln).

Obwohl beide Kampagnen etwa gleich oft gespielt werden, ist die erste viel langsamer. Es passiert weniger, die Bindung an die Charaktere ist geringer. Gleichzeitig bietet die 2. Kampagne, die eigentlich bloß eine unbekümmerte Runde Sword & Sorcery sein soll, mehr politisches Spiel als die 1. Kampagne. Ich habe versucht, herauszufinden, was. Meine Vermutung: Es liegt am Hintergrund.

Die 1. Kampagne bietet eine sehr detaillierte Hintergrundwelt, die sogar Klassennamen anpasst. Sie bietet aber von Haus aus keinerlei NSC, auf die wir Bezug nehmen können – ein klassischer Aufbau, in dem die SC der Welt ebenso fremd sind wie die Spieler.

Die 2. Kampagne beschreibt die Hintergrundwelt nur sehr grob, es ist bloß die Zusammenfassung einer kleinen Ecke aus den »Wilderlands of High Fantasy«. Allerdings: Mehr als die Hälfte der Beschreibung besteht aus erreichbaren NSC, inklusive deren Stärken, Schwächen und Ziele.

Mein Fazit: NSC mit Zielen, Stärken und Schwächen sind für den Start einer Sandkasten-Kampagne wesentlich wichtiger als eine detaillierte Hintergrundwelt. Besonders für politisches Spiel sollte man die Charaktere frühzeitig mit mächtigen NSC bekanntmachen, um sie in die Welt einzubinden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert