Rezension: Die Verbotenen Land und Der Zorn des Raben

Ich habe mir die Verbotenen Lande und die dazugehörige Kampagne Der Zorn des Raben angesehen, weil es sich mir als mittelschweres Regelwerk mit gut ausgebautem Sandkasten empfohlen wurde. Auch der Klappentext beschreibt es als ein Spiel, in dem es ums Überleben in einer offenen Welt geht.

Nachdem ich das Regelwerk und die Kampagne gelesen (aber noch nicht gespielt) habe, bin ich eher enttäuscht.

Der „gut ausgebaute“ Sandkasten besteht aus einer Karte mit Hexfeldern und Symbolen für Standorte von verschiedenen Abenteuerschauplätzen. Ein Großteil des Inhalts stammt aber aus der eher plotzentrierten Kampagne Der Zorn des Raben, mit wenigen Ergänzungen aus dem Grundregelwerk. Es gibt auch einige Mechanismen, um die Welt lebendiger erscheinen zu lassen, aber auch die wirken eher zur Unterstützung eines plotzentrierten Spiels ausgelegt als für einen Sandkasten. Die entsprechenden Informationen muss man sich zudem mühsam aus den verschiedenen Büchern zusammensuchen.

Die Welt krankt zudem daran, dass die verschiedenen Gruppierungen zwar existieren, aber nicht wirklich mit den Einwohnern verbunden sind. Zudem gibt es zu eindeutig gute (Rabenschwestern) und böse (Rostbrüder) Gruppen, ohne dass die bösen Gruppen der Allgemeinheit irgendwas bieten, um sie anzuziehen. Dies dürfte auch daran liegen, dass Welt zu sehr auf einzelne NSC zugeschnitten ist und Ereignisse sich eher an Flair als an Interaktion zwischen Gruppen orientieren.

Ich halte sie daher für keinen sonderlich guten Sandkasten, aber für eine teiloffene Kampagne mit Bewegungsfreiheit – sie ähnelt in dieser Hinsicht den Plot-Point-Kampagnen von Savage Worlds. Wer die mochte, wird mit dem Zorn des Raben sicher auch zufrieden sein. Die im Klappentext versprochene offene Welt, der die Spieler ihren Stempel aufdrücken, bekommt man aber eindeutig nicht. Die Kampagne erinnert mich eher an ein Computerspiel mit verschiedenen möglichen (und dem geheimen wahren) Ende, da man theoretisch ein optimales Ergebnis erzielen kann.

Wo der Überlebens-Aspekt der Welt liegen soll, hat sich mir nach dem Lesen nicht ganz erschlossen. Ich konnte keine großen Unterschiede zu anderen Fantasywelten feststellen, außer dem Hinweis an die SL, doch bitte den Spielern eroberte Schätze und Artefakte schnell wieder wegzunehmen (aber auch das ist jetzt nichts großartig neues). Es gibt zwar Regeln für Hunger und Erschöpfung, aber bei z.B. Torchbearer ist dieser Aspekt deutlich stärker und zentraler. Vielleicht könnte man die Kosten für nahezu alle Sonderfertigkeiten als Überlebens-Aspekt sehen, aber dafür ist diese Mechanik auch in anderen Regeln zu gebräuchlich.

Die Regeln an sich sind sicherlich funktional, aber auch sehr kleinteilig. Ich fürchte zudem, dass sie sehr zum Optimieren einladen und die verschiedenen angebotenen Optionen nicht annähernd gleichwertig sind. Zudem scheinen die Autoren kein sonderlich großes Vertrauen in ihre Regeln zu haben, denn sie schlagen sehr oft vor, doch ein dramatisch passendes Ergebnis zu wählen.

Eindeutig nicht mein Spiel, aber auch kein unergründliches Gewirr. Es gibt sicherlich Liebhaber für die Verbotenen Lande.

3 Gedanken zu „Rezension: Die Verbotenen Land und Der Zorn des Raben

  1. Taarion

    Moin Belchion,
    ich spiele das Spiel jetzt schon ein paar Jahre in beiden Rollen (SL und SC).

    Hinsichtlich gut ausgearbeiteter Sandbox: Das Spiel gibt dem SL durch die Karte und die Fraktionen einen Rahmen und ein Gefühl was das Setting von dir will. Ich finde das sehr hilfreich. Durch die vielen Zufallstabellen, insbesondere auch bei der Reise, bekommt der SL darüber hinaus oftmals Impulse für weitere Erlebnisse. Für die SC wird das Spiel aufgelockert und unvorhersehbarer.

    Hinsichtlich der Fraktionen: Du musst bedenken das die Spielwelt 200 Jahre lang keine Reisen erlaubt hat. Das heißt, die Fraktionen können gar keine Beziehung haben außer ewig altem Hass und 5 Jahren Kulturschock. Die Rostbrüder bieten schon Anziehungspunkte für Mitglieder (Machtstreben und die Möglichkeit zu Reisen). Es liegt halt am SL (und dem was die SC erwarten) wie sich die Beziehungen neuerdings entwickeln.

    Hinsichtlich Überleben: In dem Rabenlanden, dem Setting wo „Zorn des Raben“ spielt, geht einem eigentlich nie das Wasser aus und nur selten die Nahrung. Da hast du schon recht. Aber die SC haben auch so schon genug zu tun um am Leben zu bleiben. Es empfiehlt sich nicht sich mit jedem Gegner anzulegen den man trifft. Wenn du es härter magst – es gibt noch ein zweites Setting am Rande eines Gletschers inkl. Kampagne (Frostweiten). Das habe ich aber noch nicht gespielt.
    Die Ausrüstung muss ich den SC gar nicht aktiv wegnehmen. Sie geht sowieso schnell genug kaputt,

    Hinsichtlich Regeln und Aufbereitung: Hier hast du einen Punkt, die Informationen sind wirklich etwas gestreut. Scheinbar wurden beide Produkte (Box und Kampagne) als ein ganzes Konzipiert und wurden dann auseinandergerissen. Und ja, die Optionen für die SC verleiten zum Optimieren. Das ist aber auch nötig um zu bestehen. Das was du zum Vertrauen sagst verstehe ich nicht so ganz, das Spiel ist nicht so simulationistisch das ich das nicht genauso handhabe – ich ziehen den Spaß aus dem Erlebnis und nicht aus dem Erfolg durch Regeltreue.

    Fazit: Ich spiele das Spiel sehr gerne weil es mir die Freiheit lässt die Handlung zu entwickeln ohne ständig irgendwo an die Lore zu stoßen. Die Spieler haben wirklich Möglichkeiten die Welt zu prägen, weil sie ja gar nicht festgeschrieben ist. Auf die Kampagne kannst du auch gut verzichten wenn du sie nicht magst, ich setze deren Elemente auch nur sehr vereinzelt ein.

    Liebe Grüße

    Antworten
  2. Pingback: Magische Gegenstände in den Verbotenen Landen und Dem Zorn des Raben | Belchions Sammelsurium

  3. Pingback: REZI-Watch #271 in der XXL-Ausgabe nach Ostern - PnPnews.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert