Seit Jahrhunderten stellen die Eulen die Kanzler und Notare des Waldes. Durch Fleiß, den Besuch der richtigen Euliversität und gute Beziehungen brachte Adelheid es immerhin bis zur Waldkanzlerin.
Es war ihr immer eine Ehre, ihre Pflicht zu erfüllen. Bis an die Grenzen der Selbstverleugnung glich sie die widerstreitenden Ziele der verschiedenen Gruppen im Wald aus, doch den Ruhm dafür ernteten König und Erzkanzler. Seit einiger Zeit fühlt sie deswegen immer wieder eine Leere in sich aufsteigen. Sie verbirgt ihre Schwäche hinter höflicher Distanz, wobei es ihr beständig schwererfällt, die Fassade aufzuhalten, und die Einsamkeit an ihr zu nagen beginnt.
Ihren letzten Versuch, zu kündigen, erstickte der König in jovialer Freundlichkeit, einem Appell an ihre Treue und ihre unersetzlichen Fertigkeiten. Trotzdem kann Adelheid keinen Sinn in ihren Tätigkeiten erkennen, mehr und mehr erledigt sie Aufgaben rein mechanisch, ohne sie zu hinterfragen. Im Augenblick müssen sich alle Waldbewohner mit formell korrekten Bescheiden rumschlagen, die oft genug am eigentlichen Problem vorbeigehen. (In besonders schwachen Momenten lässt Adelheid sich sogar dazu hinreißen, Antragsteller gezielt zu verletzen.)
Einzig Gespräche mit Faochulix wecken ihre Lebensgeister, weil er ihr endlich ein Ziel bietet – auch wenn ihr Verstand begreift, dass dieses Ziel verdorben ist und nur Unglück bringen wird.
Zerrissen zwischen dieser Sehnsucht und ihrer Pflicht reibt sie sich langsam auf, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie entweder daran zerbricht oder der Versuchung nachgibt, ihre Macht zum Bösen einzusetzen und so zu einer Gläsernen zu werden.