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Größenwahnsinniges Handwerk

Neuerdings hängt bei mir um die Ecke ein Plakat, auf dem steht: „Am Anfang waren Himmel und Erde. Den Rest haben wir gemacht. Das Handwerk.“ Ich vermute mal, das klingt nicht nur zufällig so wie der Anfang der biblischen Schöpfungsgeschichte und in dem Fall hat das Handwerk wirklich einiges geleistet: Immerhin hätten sie Wasser von Land und Licht von Finsternis geschieden, Pflanzen sprießen lassen und Fische, Tiere und Menschen konstruiert und zum Leben erweckt.

Wenn man sich ansieht, wie sehr sie dabei teilweise gepfuscht haben, erklärt das die kompromisslose Ablehnung der Gentechnik in Deutschland. (Obwohl es hier noch einen zweiten Grund geben könnte: Das Handwerk betreibt über die Freimaurer Lobbyarbeit, damit ihr Monopol auf die Gestaltung von Lebewesen erhalten bleibt)

Einen Nachteil hat diese Entdeckung allerdings: Die Position der Anhänger des „Intelligent Design“ wird gestärkt. Die können sich schließlich fortan damit rausreden, dass Lücken in ihren Pseudo-Theorien auf nicht vertragsgemäß ausgeführte Leistungen des deutschen Handwerks zurückzuführen sind…

Der Wert eines Buches

Durch einige Diskussionen im Internet, Grabbelkisten im Antiquariat, Buchangebote in Rollenspielforen und den Besuch eines Umsonstladens habe ich mir die Frage gestellt: Welchen Wert hat ein Buch eigentlich?

Der ideelle Wert eines Buches muß, so man einigen Leuten (und dem Film „Free Rainer – Dein Fernseher lügt“) glaubt, geringfügig über „unendlich hoch“ liegen, auch wenn ich diese Ansicht nicht so ganz nachvollziehen kann. Bücher an sich sind weder künstlerisch wertvoller noch als Bildungsinstrument anderen Medien in jeder Hinsicht überlegen. Eher im Gegenteil: Die meisten Bücher sind recht seichte Unterhaltung, besonders in Liebes- und Fantasyromanen gibt es im Grunde nur unterschiedliche angemalte Standardhandlungen, die zudem oftmals schlecht geschrieben sind.

Trotzdem weigern sich einige Leute konsequent, Bücher wegzuschmeißen, selbst wenn sie in einem erbärmlichen Zustand sind: So habe ich im Umsonstladen Bücher gefunden, in denen ¼ der Seiten fehlten, deren Bindung sich aufgelöst hatte und deren Einzelblätter herumflatterten, die nur noch aus Eselsohren bestanden, stark Pappmaché ähnelten oder die aussahen, als wäre mit ihnen Kaffee umgerührt worden. Solche Bücher liest kein Mensch mehr! Natürlich, nun mögen wieder die Leute kommen, die sagen: „Aber irgendjemand könnte dieses Buch toll finden!“ – wer das glaubt, kann gerne eine neue Version des Buches kaufen und die einstellen oder seine vorhandene reparieren, bevor er sie weitergibt. Wenn der Besitzer nicht glaubt, das Buch sei diesen Aufwand wert, dann soll er es wegschmeißen und nicht damit den Umsonstladen verstopfen, in der Hoffnung, jemand anderes möge es toll finden und an seiner Statt reparieren. Erfahrungsgemäß passiert das nämlich nicht, stattdessen ist der Laden gezwungen, andere Bücher (auch solche in besserem Zustand) abzulehnen, weil einfach kein Platz da ist.

Kaputte Bücher haben zwar einen romantischen Nimbus als jene Bücher, die ein Kind fand und es bis zum Lebensende begleiten, aber das ist mehr Schein als Sein, zudem waren die Bücher in den „Sein“-Fällen zumeist auch mit Erinnerungen und Gefühlen verknüpft (z.B. ein Geschenk der verstorbenen Großtante) und nicht einfach im Laden abgegriffen.

Dieses Problem, daß der Wert von Büchern überschätzt wird, stellt sich aber nicht nur bei verschenkten Bücher, sondern auch, wenn Bücher verkauft werden sollen. Durchschnittliche Bücher, also solche, die gebraucht, älter als 5 Jahre und weder Kult noch stark gesucht sind, kosten fast nichts. Übliche Preise liegen zwischen 0,50 € für ein dünnes Taschenbuch und 2,00 € für ein dickes gebundenes Buch, jeweils in sehr gutem Zustand. (Dies ist nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, daß Buchhandlungen oder Jokers entsprechende Bücher im Dauer-Sonderangebot für 2,50 € bis 5,– € verramschen)

Daher meine Bitte: Schmeißt kaputte Bücher weg, wenn ihr sie nicht selbst reparieren wollt. Nutzt den Umsonstladen, um lesbaren Büchern ein neues Zuhause zu geben, nicht, weil ihr zu feige seid, Schrott zwischen zwei Buchdeckeln ins Altpapier zu werfen.

Free Rainer – Dein Fernseher lügt

Was könnte man aus diesem Filmnicht alles machen: Einen Thriller. Eine Komödie. Einen politischen Film. Vielleicht sogar zwei der Dinge miteinander mischen. Voller Vorfreude ging ich mit einer Bekannten ins Kino.

Der Film begann mit einer überzogenen Szene, in der ein überdrehter Rainer mit überhöhter Geschwindigkeit am Steuer kokst und dabei einen Unfall baut und anschließend seinen eigenen Wagen zertrümmert, um die Unfallgegner einzuschüchtern. Dieser Level an Absurdität hält noch eine Zeit lang an, bis zu zwei Mordanschlägen auf Rainer von einer jungen Frau, deren Vater er durch falsche Anschuldigungen in den Selbstmord getrieben hatte. OK, für eine Komödie ein guter Anfang – nur müsste es dann so langsam lustig werden. Wurde es leider nicht, stattdessen wurde Pathos aufgetragen.

Im Krankenhaus erfährt Rainer vom Motiv der jungen Frau und wird erleuchtet, fortan will er nicht mehr dreckigen Pseudojournalismus machen, sondern die Welt mit Weisheit erfüllen! Gleich macht er sich an eine anspruchsvolle Doku, die allerdings miese Quoten liefert. Er spricht die Frau an, die ihn überzeugt, daß die Quoten manipuliert werden, und gemeinsam schmieden sie einen Plan, um dieses finstere Komplott aufzudecken. Sie machen sich auf zur Quotenmesszentrale, wo sie beinahe beim Diebstahl des Messgeräts erwischt werden. Zum Glück ist der Wachmann ein Verschwörungstheoretiker, der sich ihrer Mission anschließt. Gemeinsam testen sie die Quotenmessung und stellen fest, daß die Quote stimmt. (So viel zum Thema „Fiese Verdummungsverschwörung per TV“)

Natürlich lässt sich die Avantgarde der Weltrevolution nicht von solch einer Kleinigkeit aufhalten. Wenn die Quote stimmt, dann müssen eindeutig die Menschen durch eine fiese Verschwörung dazu gebracht worden sein, Schund zu mögen. Flugs hecken unsere selbsternannten Weltretter einen Plan aus, um das Niveau des Fernsehens zu erhöhen. Zu diesem Zweck wollen sie die Quotenmessgeräte austauschen und ihrerseits die Quote zugunsten hochwertiger Sendungen manipulieren. Da sie das alleine nicht schaffen, heuern sie ein paar unfähige (wenn auch mehr oder weniger liebenswerte) Langzeitarbeitslose an, die sich als Handwerker ausgeben sollen, um die Boxen auszutauschen. Die versagen natürlich kläglich, was unsere Helden beinahe ruiniert. Einer ihrer Handlanger ist Alkoholiker, betrinkt sich zwischendurch und nagelt eine Telefonzelle um. Dummerweise wird er erwischt und ins Kittchen gesteckt. Nun durchlebt Rainer seine Passionszeit: Anstatt, wie in der bürgerlichen Gesellschaft üblich, für eigenes Verschulden geradezustehen, soll er den Alki für sein letztes Geld auslösen. Zunächst weigert er sich, wird dafür aber vom Rest der Truppe boykottiert. Er muss lernen: Um den Endsieg zu erreichen, sind alle Mittel recht. Die Revolutionäre machen keine Fehler, alles was so scheint, ist bloß Überbleibsel gestrigen Denkens.

Jetzt wird es allerdings richtig albern: Anstatt wegen Geldsorgen den Plan in die Tonne zu treten, fällt dem Alki (ehemaliger Telekomtechniker) ein, daß man einfach die Datenleitung, mit der die Quoten übertragen werden, anzapfen kann. (Warum er da nicht schon früher darauf kam, ist nicht so ganz klar; ich vermute, die Deus-Ex-Machina steckt dahinter) Nach all diesem Rhabarber schaffen sie es also, hochwertige Dokus hochzujubeln und Schundsendungen niederzustimmen.

Die Auswirkungen sind enorm: Von ihrer Verblendung befreit, schalten die Leute ihren Fernseher aus und lesen! Im Freien! Literatur!

Gut, es wird nicht so ganz klar, warum sie hochwertiger Literatur anstatt eines Groschenromans lesen oder nicht einfach eine Spielkonsole anschmeißen, aber im Vergleich zu den bisherigen Löchern fällt das kaum noch ins Gewicht. Lustigerweise bestätigt es auch gleichzeitig, daß die Quote stimmte – die Leute wollten Schund sehen. Wenn der wegbricht, machen sie lieber was anderes.

Selbstverständlich muss das Imperium vor dem Happy End noch zurückschlagen. Tut es auch, denn Rainers ehemaliger Chef findet unsere Verschwörer und versucht, sie zu erpressen, um die eigene Quote zu verbessern. Natürlich beißt er hierbei auf Granit, unsere Helden fliehen lieber, anstatt sich für seine dunklen Machenschaften einspannen zu lassen. Versteckt in einer Höhle Ferienwohnung trauern sie um ihren Fehlschlag, erfahren dann aber zu ihrer Freude, daß ihr Plan erfolgreich war: Die von ihnen manipulierten Quoten haben sich etabliert!

Erfreut über das erfolgreiche Gefecht machen sich unsere Revolutionäre gleich zum nächsten Ziel auf: Das Einkaufsverhalten der Menschen zu retten und sie vor der Beeinflussung durch die Werbung zu retten.

Abgesehen davon, daß die „Helden“des Film ständig genau das taten, was sie den „Schurken“ vorwarfen, nämlich die Menschen nach ihren Vorstellungen zu steuern (nur uneigennützig zu deren eigenen Vorteil, natürlich), ist dies ein mieserables Remake der „Hurra“-Parolen totalitärer Regime –der Film könnte eine Verfilmung von Lenins Vorstellungen über den idealen Übergang zum Kommunismus sein: Die Avantgarde der Weltrevolution bereitet den Boden, damit das Proletariat, der ungebildete Pöbel, seine Bestimmung erreichen kann. Nix mit Selbstbestimmung und Individualität, Fremdbestimmung und Konformismus pur.

Im Vergleich zu diesem Film hat „Stirb Langsam 4“ gesellschaftskritischen Tiefgang, denn da gibt es wenigstens einen Satz, der vor entsprechendem Vorgehen warnt: „It‘s not a system [that can be simply rebooted freshly], it‘s a country, a country full of people who are home, scared.“

Fazit: Dieser Film war einfach nur schlecht und langweilig, das Eintrittsgeld zu verbrennen hätte mehr Unterhaltung gespendet.

Lidl – alles nur ein großes Versehen!

Lidl ist ja mal wieder in den Schlagzeilen, weil sie ihre Mitarbeiter bespitzeln und die Kunden gleich mit. Nun aber setzen sie dem ganzen die Krone auf, indem sie sich auf eine sehr makabre Art entschuldigen rechtfertigen: Nicht Lidl sei Schuld, sondern eine Detektei und das war alles nur ein Versehen und kommt auch ganz bestimmt nicht wieder vor –großes Indianerehrenwort!

Diese Behauptung ist meiner Meinung nach aus zwei Gründen vollkommen unglaubwürdig:

a) Bei Lidl handelt es sich um ein straff organisiertes, international vertretenes Unternehmen, welches es schafft, überall einheitlich aufzutreten. Ich halte es für höchst unwahrscheinlich, daß solch ein Konzern von einigen liebenswürdigen Trotteln geleitet wird.

b) Zum Anderen ist dies nicht der erste diesartige Skandal. Bereits 2004 erhielt Lidl den BigBrotherAward in der Kategorie Arbeitswelt, 2006 wurde im Schwarzbuch Europa detailliert aufgezeigt, daß Lidl europaweit Arbeitsrecht- und Datenschutzgesetze mißachtet.

Ich denke, ich werde Lidl auch weiterhin nur aufsuchen, um dort Einwegpfandflaschen abzugeben.