Du hast auf Youtube ein Rollenspiel-Video gesehen oder ein Rollenspiel-Regelwerk wie Das Schwarze Auge oder Dungeons & Dragons geschenkt bekommen und möchtest nun deine ersten Gehversuche als Spielleiter unternehmen? Dann möchte ich versuchen, dir ein paar Tipps zu geben, damit der Anfang nicht ganz so schwer wird.
Ruhe bewahren
Zunächst einmal gilt: Ruhe bewahren. Spielleiten muss man lernen, deine Abenteuer werden nicht auf Anhieb so gut gelingen wie in den Videos. Am Anfang wirst du oft Regeln nachschlagen, Denkpausen brauchen, den Faden verlieren oder auch mal NSC verwechseln. Das ist ganz normal, einmal durchatmen und weitermachen.
Lass dich auch nicht von theoretischen oder philosophischen Diskussionen um richtige Spielstile verwirren. Das sind bloß die ganz normalen Fachgespräche unter alten Hasen, die man in allen Hobbys hat. Für die ersten Schritte im Rollenspiel kannst du das getrost ignorieren.
Klein anfangen
Spieler verhalten sich immer anders als man erwartet, daher sollte man als Spielleiter klein anfangen. Die ersten Abenteuer sollten keine riesigen, weltumspannenden Geschichten mit unzähligen versteckten Bedeutungen und unvorhergesehenen Wendungen sein, sondern kurze, gradlinige Erlebnisse.
Die ersten Nichtspielercharaktere benötigen keine tiefgreifenden Charakterstudien als Hintergrund. Für den Anfang genügen oberflächliche Beschreibungen, bei denen neben dem Namen bloß die Rolle im Abenteuer und ein beschreibendes Adjektiv notiert werden. Das vereinfacht es dir als Spielleiter, spontan in die Rolle dieses Nichtspielercharakters zu schlüpfen (und das wirst du sehr oft tun müssen).
Chaos am Spieltisch
Spieler verhalten sich fast nie planmäßig, sondern finden Abkürzungen und gehen seltsame Umwege. Sie erschlagen den geplanten Auftraggeber, weil sie ihn für einen getarnten Werwolf halten, und helfen dafür dem Werwolf, der sich als schmieriger Kutscher tarnt.
Im Gegenzug dazu erkennen sie offensichtliche Hinweise nicht und planen für obskure Eventualitäten. Sie finden van Helsings Holzpflock-Armbrust, aber anstatt Graf Dracula damit zu erschießen, entwickeln sie einen verwirrenden Plan, bei dem sie dessen Sarg um Mitternacht in einen Bach fallen lassen, damit er kurz nach Sonnenaufgang an einem Wasserfall ankommt und der Graf, von der aufgehenden Sonne in seinen Sarg zurückgezwungen, im zerschmetternden Sarg von Sonne und fließendem Wasser vernichtet wird.
Ich fand dieses Verhalten zu Beginn sehr frustrierend, weil meine durchdachten Lösungen selten bis nie zur Anwendung kamen. Inzwischen bin ich dazu übergegangen, einfach nur Probleme zu gestalten und den Rest dem Erfindungsreichtum der Spieler zu überlassen. Wenn die Lösung plausibel erscheint, lasse ich sie zu oder lasse würfeln.
Mit offenen Karten spielen
Ein großes Problem beim Rollenspiel besteht darin, die Informationen aus dem Kopf des Spielleiters in die Köpfe der Spieler zu bekommen. Als Spielleiter solltest du daher mit offenen Karten spielen und nicht versuchen, deinen gigantischen Informationsvorsprung gegen die Spieler einzusetzen.
Wenn ein Spieler etwas sinnlos Erscheinendes versucht, dann deutet er die Situation oft ganz anders als der Spielleiter. Daher bin ich dazu übergegangen, die Schwierigkeit einer Situation offen anzusagen, bevor gewürfelt wird. Frag immer noch einmal nach, wenn ein Spieler etwas eindeutig lebensmüdes tun will, und prüfe, ob ihr beide die Situation gleich einschätzt.
Ähnlich handhabe ich es mit Fallen: Die schießen nicht urplötzlich aus der Decke, weil dem Späher der Wahrnehmungswurf misslang. Gib lieber ganz ohne Wurf ein oder zwei deutliche Hinweise, derentwegen die Spieler von sich aus vorsichtig werden können: Blut, Skelette, Dellen in der Wand, Rußspuren, ein seltsamer Geruch…
Regeln bereithalten
Mit der Zeit gehen dir deine Lieblingsregeln in Fleisch und Blut über, du wirst viele Situationen lösen können, ohne die Regeln nachzuschlagen. Zu Beginn aber werden dir selbst regelleichte Systeme als gigantischer Wust erscheinen. Dagegen hilft es nur, sich die Regeln zu sortieren: Sei es, dass man sich eine Zusammenfassung der verschiedenen Regelsituationen schreibt, einen Index anfertig, das Regelwerk mit bunten Klebchen thematisch sortiert.
Sehr hilfreich sind auch kleine Karteikarten, auf denen man für wichtige Nichtspielercharaktere alle benötigten Werte mit Kurzregeln notiert.
Einfach anfangen
Diese Tipps helfen hoffentlich bei den ersten Schritten im Rollenspiel, aber sie können natürlich nicht die Praxis ersetzen. Um ein besserer Spielleiter zu werden, braucht man nicht nur Tipps, sondern muss auch Erfahrung damit sammeln, wie sie im Spiel funktionieren.
Dabei wird viel schiefgehen, du wirst gelegentlich unzufrieden sein, aber doch Schritt für Schritt in die Rolle hineinfinden. Halte dir immer vor Augen, dass Rollenspiel eine Gruppenaktivität ist, bei der sowohl du als auch die Mitspieler sich einbringen wollen. Solange du das bedenkst, lassen sich alle anderen Fehler korrigieren.
Und jetzt, viel Spaß beim Rollenspiel!
Dieser Beitrag gehört zum Karneval der Rollenspiele im März 2018, bei dem verschiedenste Blogs Tipps für neue Spielleiter geben.