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Spielbericht: Seelenfänger auf dem Nordcon

Auf dem Nordcon 2014 probierte ich Seelenfänger aus, nach eigener Aussage ein von Fate inspiriertes System mit einem Dark-Fantasy-Setting. Die Beschreibung fasziniert mich sofort: Ein Land, das sich mithilfe eines Schwarzmagiers vor seinen Feinden retten wollte und nun mit versprengten feindlichen Veteranen und haufenweise Monstern in einer Zwischenwelt festsitzt.

Leider blieb das Spiel in der Demorunde (für meinen Geschmack) hinter seinen Möglichkeiten zurück. So erlaubt das System etwa, die Charaktere frei zu gestalten, mein Charakter entsprach aber vollständig der Diebesklasse aus AD&D. Hier hätte ich mir leichte Abwandlungen gewünscht, bei denen die Zugänglichkeit erhalten bleibt, ohne die mächtigen Gestaltungsmöglichkeiten komplett auszublenden.

Den Einstieg fand ich etwas langweilig. Der SL nutzte ihn zwar geschickt, um die Reizmechanik vorzuführen (mit der Charaktere neue Seelenwürfel erhalten können), tat dies aber mit banalen Beispielen, die keine Konsequenzen nach sich zogen. Es wirkte auf mich daher aufgesetzt. Er zeigte im Endkampf, dass es deutlich besser geht, als er dem Monsterjäger Seelenwürfel bot, wenn der im Berserkerrausch und waffenlos auf den Gegner losgeht. Das führte zu einer der schönsten Szenen im Spiel, für die die Mitspieler reichlich Beifall spendeten.

Mir war während der Runde nicht so ganz klar, welche Fertigkeit wofür zuständig ist. Aus irgendwelchen Gründen benötigt man Diebeskunst, um Leuten etwas aus der Tasche herauszuziehen, aber Fingerfertigkeit, um es zurückzustecken. Einige Fertigkeiten erweckten den Eindruck, sie seien anderen einfach vollständig überlegen, etwa schwere Waffen im Vergleich zu leichten Waffen.

Ohne Seelenwürfel hatte ich im Kampf das Gefühl, ich könne wahlweise zuschlagen oder zuschauen, aber den Kampf nicht anderweitig beeinflussen. Die Ergebnisse hingen rein von Glück ab (der Augenzahl auf dem Seelenwürfel), nicht von den Fertigkeitswürfeln. Abgesehen von einer Szene empfand ich die Auseinandersetzung mit dem Endgegner, einem den Charakteren von den Regeln her ebenbürtigen Wesen, als ausgesprochen zäh und statisch. Dem Kanonenfutter wichen wir gekonnt aus, weshalb wir den Kampf gegen unterlegene Gegner nicht testen konnten.

Vorbildlich fand ich den übersichtlichen und benutzerfreundlichen Charakterbogen, der zudem auf der Rückseite eine Zusammenfassung der wichtigsten Regeln enthielt. Auch der namensgebende Seelenfänger erhielt eine prominente Rolle im Abenteuer, die angepriesenen Bestandteile bekamen alle ihren Platz. Allerdings bin ich mir nach dem Abenteuer etwas unsicher, welche Rolle die Seelenfänger im Setting nun eigentlich spielen. Ich hatte ursprünglich erwartet, dass es sich um eine Art Magier handelt, die Seelen quasi ausquetschen und so ihre Zauber wirken. Sie scheinen aber eher das Gegenstück zum klassischen Kleriker zu sein, denn Magier laufen da ebenfalls noch rum.

Insgesamt gefällt mir Seelenfänger leider doch nicht so gut wie erhofft, da sich viele meiner Annahmen im Nachhinein als falsch erwiesen. Die Regeln ähneln Fate, weshalb ich mich frage, warum ich sie anstelle von Fate2Go oder einer ähnlichen Übersetzung nutzen sollte. Meiner Meinung nach befindet sich Seelenfänger zwar im Mittelfeld mit Tendenz nach oben, aber ich sehe keinen Anwärter für die Spitzengruppe.